In vollem Umfang kann man den Schaden der auf fünf Jahre verlängerten Legislaturperiode erst im Vergleich mit dem Nutzen erkennen, den ihre nunmehr herbeigeführte Zurückstutzung auf das alte Maß bringt. Ein Jahr rot-schwarzer Qualen erspart! Das ist nicht nur Balsam auf die Seele des Wahlvolks, sondern auch ein Dienst an der Demokratie. Mit einem Mal eröffnen sich Entwicklungen, die zu erhoffen man vor kurzem nicht gewagt hätte, und ein gewisser Verdienst der ÖVP daran ist nicht zu bestreiten. Allein die kurze Frequenz ihrer Obmannproduktion und der damit verbundene, bisher meist masochistische Wunsch nach jeweiliger Bestätigung durch das Volk ist mit der Langwelligkeit eines fünfjährigen Zyklus schwer in Einklang zu bringen.

Auf einmal ist alles anders, ist alles Bewegung. Reden wir gar nicht vom vorwahlbedingten Donnerhall, den die SPÖ mit ihrem "Wertekompass" in Richtung FPÖ brausen ließ. Wie lange wurde über eine Pflegereform herumgeredet? Plötzlich gibt es nichts Wichtigeres als die Abschaffung des Pflegeregresses, ob mit oder ohne Koalitionsbruch. Bei der Finanzierung der Universitäten hat diese Leichtigkeit des Seins die ÖVP noch gestört. "Nun endgültig" habe die SPÖ die Koalition gebrochen und damit ein schweres Foul, ja einen "populistischen Wahlkampfakt" gesetzt, jammerte der Finanzminister. Er bangt um den Alleinvertretungsanspruch, den sich Sebastian Kurz mit der Aufkündigung der Koalition per Neuwahlen erhalten will. In diese Bresche musste Schelling springen, weil sich sein Parteiobmann erst gar nicht mit dem Anschein einer Vizekanzlerschaft beschmutzen will.

Da hält dieser es lieber mit der politischen Unredlichkeit, im hiesigen Wahlkampf Emotionen zu Fragen zu schüren, von denen jeder weiß, dass sie sich nicht in Österreich entscheiden und nicht vom österreichischen Wähler entschieden werden, und schon gar aus seiner Machtbefugnis heraus. Die Mittelmeerroute wird sich für Migranten nicht schließen, wenn die Schließung hier noch so boulevardgerecht gefordert wird, in der Hoffnung, aus diesem Zynismus Stimmen zu pressen. Auch das eine Offenbarung zum Thema politischer Verantwortung, die der Vorwahlzeit zu danken ist.

Die Verkürzung der Legislaturperiode erweist sich auch insofern als segensreich, als sie mit einer Verkürzung des Siechtums des Teams Stronach exakt zusammenfällt. Als lokalhistorische Marginalie repräsentierte es den Aberglauben, dass es genüge, das Gold zu haben und damit ein paar Möchtegernpolitiker zusammenzukaufen. Das Ende war erwartbar, galt doch ihr Chefideologe einst als politische und unternehmerische Lichtgestalt der Kronen Zeitung. Nun ist Sebastian Kurz in diese Position nachgerückt, was aber kein Grund sein muss zu verzweifeln.

Auch in die Grünen ist mit dem Ende der Legislaturperiode gekommen, was das Gebot der Stunde ist – Bewegung. Wohin, ist noch offen, aber es lebt die Tradition, sich mit Hingabe von denen zu trennen, die aus Erfahrung und Spezialwissen eine gewisse Selbstständigkeit entwickeln, die man nicht ins Kraut schießen lassen darf. Schon gar nicht bei Veteranen. Das wird bis zum 15. Oktober helfen. (Günter Traxler, 29.6.2017)