Da es sich bei Genome-Editing um ein noch junges Forschungsfeld handelt, gibt es dazu erst wenige populärwissenschaftliche Bücher. Aktuelle Neuerscheinungen zum Thema vermitteln die Grundzüge der neuen Technologie und thematisieren ethische Fragen

Hinter den Kulissen der Gen-Schere

"Dieses Buch ist meine Geschichte. Aber auch Ihre. Denn es wird nicht lange dauern, bis die Auswirkungen dieser Technologie auch Ihre Türschwelle erreichen." Dieser Satz findet sich im Prolog des ersten populärwissenschaftlichen Buches von Jennifer Doudna. Darin legt die Ko-Entdeckerin der Gen-Schere CRISPR/Cas9 einen sehr persönlichen Bericht vor, wie die bedeutsame molekularbiologische Methode von ihr und anderen entdeckt worden ist. Aus erster Hand erfährt man dabei, wie die Professorin an der Universität Kalifornien in Berkeley zum ersten Mal das Wort CRISPR hörte oder wie sie die Molekularbiologin Emmanuelle Charpentier bei einem Spaziergang durch die Altstadt von San Juan in Puerto Rico dazu überredete, mit ihr am CRISPR-System zu arbeiten, was schließlich zum Durchbruch führte. Vor allem geht es Doudna in dem Buch, das sie gemeinsam mit ihrem ehemaligen Dissertanten Samuel Sternberg geschrieben hat, auch darum, wie die neue Technologie genutzt wird – und wie nicht. Gefahren und Chancen von CRISPR/Cas9 aufzuwiegen sei "ein Test wie kein anderer. Wir müssen ihn bestehen. Es gibt keine Alternative." (trat)

Jennifer Doudna und Samuel Sternberg, "A Crack in Creation – The New Power to Control Evolution". € 14,99 / 304 Seiten. The Bodley Head, London 2017

Foto: Penguin

Verwandlung der Welt

Mit "Redesigning Life" hat der britische Molekularbiologe John Parrington im Vorjahr eines der ersten populärwissenschaftlichen Bücher zum Thema CRISPR/Cas9 vorgelegt. Vor allem der umfangreiche und unterhaltsame historische Einstieg in Grundlagen und Entwicklung von Genome Editing erweitern den Blick auf die Gen-Schere enorm. Parrington, der selbst mithilfe der Technik Grundlagenforschung zu Unfruchtbarkeit betreibt, weiß deren Funktionsweise verständlich zu erklären und unternimmt eine rasante, wenn auch spekulative Fahrt durch die Genetik: vorbei an heutigen Anwendungsmöglichkeiten in eine Zukunft, die man als Leser gleichermaßen herbeisehnt wie fürchtet. Dabei thematisiert er wichtige ethische Fragen und Implikationen, und das ist zugleich eine Stärke wie auch eine Schwäche des Buches. Der Autor reißt viele wichtige Fragen rund um wissenschaftliche Verantwortung, gesellschaftliche Teilhabe, gesetzliche Regulierung und ethische Grenzen an. Dass konkrete Antworten darauf ausbleiben, überrascht kaum – doch die Meinung des Autors, der ja eine Debatte darüber anstoßen will, könnte durchaus exponierter ausfallen. (dare)

John Parrington, "Redesigning Life – How Genome Editing Will Transform The World", € 22,99 / 368 Seiten, Oxford University Press, Oxford 2016

Foto: Oxford University Press

Genforschung als Gratwanderung

Naturwissenschafter, die die Kunst des Erzählens beherrschen, sind rar. Forscher, die ihre Fachdisziplin auch Laien vermitteln können, auch. In Siddhartha Mukherjee verbinden sich viele Talente. Er arbeitet als Arzt mit Spezialgebiet Onkologie, forscht an einem der renommiertesten Stammzelllabors in Harvard und ist seit Der König der Krankheiten auch Bestsellerautor. In seinem neuen Buch setzt er sich mit jenen Technologien auseinander, die das Leben der Menschen in Zukunft verändern werden. Wie kein anderer versteht er es, viele Welten miteinander zu verbinden. Er erzählt die Geschichte der Familie Mukherjee aus Kalkutta, stellt die Genforscher von ihren Anfängen bis heute vor. Darüber hinaus versammelt er alle relevanten Studien zum Thema und schlägt immer wieder den Bogen zu den gesellschaftlichen Auswirkungen: von der Euthanasie über das "Schwulen-Gen" bis hin zu Gentherapie und Reproduktionsmedizin. Wer Mukherjee gelesen hat, wird in sämtlichen Diskussionen mitreden können. Nie war die Partizipation jedes Einzelnen in der Zukunftsgestaltung so wichtig wie heute, sagt der Autor. Deshalb habe er ja auch dieses Buch geschrieben. (pok)

Siddhartha Mukherjee, "Das Gen. Eine sehr persönliche Geschichte". € 26,80 / 768 Seiten. S. Fischer, Frankfurt am Main 2017

Foto: Fischer

Titanen der Genetik

Gemäß der griechischen Mythologie hat der Titanengott Prometheus den Menschen das Feuer gebracht, wie auch die Künste, die Technik, Wissenschaft und Medizin – was ihn gleichsam zum Urheber der Zivilisation macht. Das macht Prometheus zum idealen Titelgeber für Jim Kozubeks Buch über eine der herausragendsten Technologien der Gegenwart: CRISPR/Cas9. Der studierte Genetiker, der sowohl in der computergestützten Biologie wie auch als Wissenschaftsjournalist beispielsweise für The Atlantic und den Scientific American tätig ist, hat für sein Buch über Jahre rund 40 Wissenschafter interviewt, die im Bereich von Genome-Editing führend sind. Kleinere inhaltliche Unschärfen verzeiht man Kozubek gerne ob des gut verständlichen Tenors seiner Ausführungen. Als Außenstehender, der nicht unmittelbar an der Entwicklung der Technologie beteiligt ist, kann sich Kozubek außergewöhnliche Perspektiven auf das Forschungsfeld erlauben: Besonders anregend ist etwa die feministische Perspektive, mit der er den Patentstreit zwischen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna auf der einen Seite und Feng Zhang auf der anderen Seite analysiert. (trat)

Jim Kozubek, "Modern Prometheus – Editing the Human Genome with CRISPR-Cas9". € 27,99 / 395 Seiten. Cambridge University Press, Cambridge 2016

(trat, dare, pok, 11.9.2017)

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Zum Thema
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Foto: Cambridge University Press