Es wird – wie es scheint – das Jahr des reinen Persönlichkeitswahlkampfs. Sowohl Sebastian Kurz als auch Peter Pilz erklären sich selbst zum politischen Programm und treten wohl beide im Oktober mit einer Liste an, die den eigenen Namen trägt.

Diese Fokussierung auf die Person ist nicht völlig neu und entspricht dem internationalen Zeitgeist – wie zuletzt in Frankreich bei Emmanuel Macron. In ihrer Einstellung zu zentralen Themen wie Zuwanderung, Integration und Politik gegenüber der Türkei sind der 30-jährige schwarze Aufsteiger und das 63-jährige grüne Urgestein gar nicht so weit auseinander. Aber wenn man die beiden heimischen Listenkönige näher vergleicht, dann stechen eklatante Unterschiede hervor.

Peter Pilz, Korruptionsbekämpfer mit sozialem Gewissen, verkörpert mehr als jeder andere politische Integrität. Ihm sind zwar Vereinfachung, Polemik und gar Manipulation nicht fremd, aber er war und ist kein Hetzer. Selbst wenn er einem linkspopulistischen Kurs das Wort redet, will er damit den Rechten ein Gegengewicht entgegenstellen, um sie zu bremsen – und nicht Sündenböcke schaffen.

Kurz hingegen setzt seit dem Sturz von Reinhold Mitterlehner auf das Rezept, die Angst vor Zuwanderung anzufachen und sich selbst als Lösung dafür zu präsentieren. Egal, ob es um die Mittelmeerroute, eine Steuerreform oder das Gesundheitswesen geht – die Antwort des VP-Chefs hat mit Ausgrenzung zu tun. Er mag, wie seine Fans glauben, der brillanteste Kopf der heimischen Politik seit Bruno Kreisky sein. Aber bei seiner türkisen Liste zeichnet sich ein kaum verhohlener Anti-Ausländer-Wahlkampf ab, wie ihn bisher nur die FPÖ geführt hat. Mag sein, dass er damit vor allem den Blauen Stimmen abnehmen will. Anständig ist es dennoch nicht.

Aus der Innensicht der politischen Bewegungen, zu denen beide (noch) gehören, zeichnet sich allerdings ein ganz anderes Bild ab. Kurz ist das Beste, was der ÖVP passieren konnte. Er gibt ihr erstmals seit 15 Jahren die Chance, eine Bundeswahl wieder zu gewinnen. Die Machtkonzentration, die er anstrebt, mag manche befremden, aber sie ist politisch sinnvoll und klug. Eine Partei muss mehr als eine Koalition kleiner Feudalreiche sein, wenn sie langfristig Erfolg haben will. Das wissen Funktionäre genauso wie die Basis, und deshalb lassen sie es zu, dass die Partei vorerst einmal zum Anhängsel ihres Obmanns wird.

Die Liste Pilz verfolgt hingegen einen ganz anderen Zweck. Weil er sich in der eigenen Partei nicht genug geliebt fühlt, will er diese nun aus gekränkter Eitelkeit und Rachsucht spalten. Damit trifft er auch seine langjährige Mitstreiterin Ulrike Lunacek, die nun das schlechteste Ergebnis seit Menschengedenken fürchten muss.

Dass Pilz, wie er behauptet, vor allem Nichtwähler mobilisieren und damit Schwarz-Blau verhindern will, ist nicht glaubwürdig. Wahrscheinlicher ist, dass er an der Vierprozentschwelle scheitert, aber den Grünen dabei wertvolle Stimmen raubt. Und selbst wenn er es ins nächste Parlament schafft, wird die grüne Bewegung zerrissen und daher schwächer sein.

Vielleicht erkennt Kurz noch, dass seine Anti-Ausländer-Rhetorik auch seinen Wahlsieg nachhaltig zu vergiften droht. Und vielleicht kommt Pilz drauf, dass er mit seiner Spaltliste sein eigenes politisches Vermächtnis gefährdet. Geschieht das nicht, werden zwei Politiker mit so viel Potenzial dem Land mehr schaden als nützen. (Eric Frey, 3.7.2017)