Bei allem Verständnis für die Sorgen der Händler der Wiener Innenstadt: 120 Arbeitsplätze und 35 Millionen Euro Umsatz im Jahr, die ihnen Demos und Ring-Sperren entziehen, sind zwar keine Kinkerlitzchen – aber deswegen am Recht auf Versammlungsfreiheit herumzudoktern und an Grundpfeilern der Demokratie zu rütteln ist hochgradig fahrlässig. Schon jetzt nämlich nehmen die Ideen etlicher Politiker dazu folgenschwere Auswüchse an.

VP-Chef Gernot Blümel etwa würde Demonstranten am liebsten auf die Donauinsel und in den Prater verbannen – Radlfahrer und Jogger haben für ihre Anliegen sicher ein offenes Ohr. VP-Innenminister Wolfgang Sobotka wollte Kundgebungen auf bestimmten Plätzen und Straßen untersagen oder sie gleich ganz verbieten, sollten sie Geschäftsinteressen bedrohen. Dazu vergleichsweise harmlos mutet die Forderung der Händler nach freiwilligen Protestzonen an: Sie versprechen als Zuckerl Soundanlagen, mit denen Demonstranten auf dem Schwarzenbergplatz den Lärm der vorbeiströmenden Autos und Straßenbahnen übertönen dürfen. Klingt lustig, ist es nicht. Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist aus gutem Grund in der Verfassung verankert und sollte entsprechend respektiert werden.

Klar muss nicht jede Spaßveranstaltung den Verkehr in halb Wien lahmlegen. Gefährlich wird es dann, wenn Politiker definieren wollen, was Spaß ist und was nicht. Auch das hat die ÖVP bereits versucht. (Verena Kainrath, 3.7.2017)