Um besonders hohe Leistungen zu erbringen, ist besonders hohe Motivation gefragt. Dessen war sich auch der amerikanische Erfinder Thomas Edison sicher, in dem er einst formulierte: "Genius is one percent inspiration and ninety-nine percent perspiration."

Claudia Resch, Geschäftsführerin des österreichischen Zentrums für Begabtenförderung und Begabtenforschung (ÖZBF), hat diesen Satz verinnerlicht und leitet das ÖZBF nach dem Motto: "Fördern auf Verdacht". Denn 15 bis 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen pro Jahrgang haben das Potenzial für eine Begabung. Aber eben nur das Potenzial – ob dieses ausgeschöpft und entdeckt wird, hänge maßgeblich vom Umfeld und der eigenen Motivation ab. Eine Begabung würde sich nämlich oft erst aus einer Förderung heraus entwickeln, dafür brauche es Lehrer und Eltern, die dafür sensibilisiert seien, sagt Resch.

Mehr als Intelligenz

Doch was ist eigentlich Begabung? Claudia Resch erklärt, Begabung sei die Fähigkeit, eine hohe Leistung zu erbringen, und sei damit auch viel mehr als Intelligenz. Denn Intelligenz sei ein statistischer Wert, der über einen Intelligenztest (IQ-Test) ermittelt wird, und schließt, im Gegensatz zur Begabung, Bereiche wie Sport oder Musik aus.

Der Übergang zwischen Begabung und Hochbegabung sei dann fließend, doch auch der IQ-Test gibt Auskunft darüber, ob jemand besonders intelligent sei. Ab einem Intelligenzquotienten von 130 sagt man, dass eine Hochbegabung vorliegt. Der Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung liegt zwischen 85 und 115.

Differenzierte Förderung seit 1962

Ob ein Kind begabt sei, würde man oft schon früh bemerken, beispielsweise wenn es schon mit zwei Jahren in ganzen Sätzen spricht, sich Dinge gut merken kann oder über ein hohes Detailwissen in einem bestimmten Bereich verfügt.

Der Gesetzgeber hat erstmals 1962 auf begabte Kinder reagiert, indem im Schulorganisationsgesetz eine differenzierte Förderung von Begabungen festgeschrieben wurde. Die letzte Anpassung gab es im Jahr 2009, als der "Grundsatzerlass zur Begabtenförderung" eingeführt wurde.

Weniger Spitzenschüler

Die Schule hat nach diesem Grundsatzerlass die Aufgabe, Potenziale zu fördern. Dennoch: Claudia Resch sieht auf gesetzlicher Ebene Nachholbedarf, denn die Pisa-Studie aus dem Vorjahr zeigt, dass der Anteil der Spitzenschüler Österreichs in den letzten zehn Jahren von 20 auf 15 Prozent gesunken ist. Das liege an mangelnder Förderung, auf die es zu reagieren gilt, denn "15 bis 20 Prozent mit möglicher Begabung sind keine Randgruppe".

Ein kostenneutraler Vorschlag wäre, dass Kinder einzelne Fächer, in denen sie besonders gut sind, in einer höheren Schulstufe absolvieren können. Zudem sollte es in der Lehrerausbildung ein Pflichtfach zu Begabtenförderung geben, sagt Resch. Der ausgeprägte Wissensdurst der eigenen Kinder kann Eltern aber auch überfordern, daher komme es leider vor, dass begabte Kinder oft auf sich allein gestellt seien, weiß Helene Mainoni-Huber, Landesreferentin für Schulpsychologie in Salzburg.

Verhaltensschwierigkeiten

Zudem würden sich Kinder in der Schule auch miteinander vergleichen, und "für diese Kinder ist dann oft kein Platz in der Gruppe". Das seien Gründe dafür, dass hier öfter Verhaltensschwierigkeiten auftreten. Dennoch sind Begabtenklassen- oder schulen für Mainoni-Huber kein geeignetes Rezept, denn außer der Begabung seien auch Persönlichkeitsentwicklung und Soziales wesentlich, die bei einer Trennung, wie man aus Studien aus dem anglo-amerikanischen Raum weiß, gefährdet sind.

Für Claudia Resch ist der ideale Weg ein "Sowohl-als-auch", hier müsse es den gleichen Ansatz geben wie bei der Sonderpädagogik und daher darauf geschaut werden, welche Schulform den Bedürfnissen des Kindes gerecht wird. (au, 5.7.2017)