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Insgesamt sollen heuer in Österreich 2,75 Millionen Tonnen Getreide geerntet werden.

Foto: Reuters/STEPHANE MAHE

Wien – Die heimische Getreideernte wird heuer voraussichtlich schlecht ausfallen: Die Landwirtschaftskammer (LK) geht davon aus, dass es zu Einbußen von rund 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr kommen wird: "Das ist ein echtes Desaster", sagte LK-Präsident Hermann Schultes in einem Pressegespräch am Donnerstag. Im Fünfjahresschnitt fällt die Prognose jedoch nur um 12,3 Prozent niedriger aus, was vor allem an der außergewöhnlich starken Ernte 2016 liegt. Insgesamt sollen heuer 2,75 Millionen Tonnen Getreide geerntet werden.

Die größten Einbrüche dürfte es bei der Sommergerste geben (minus 33 Prozent), gefolgt von Roggen (minus 26 Prozent). Den einzigen Zuwachs im Vergleich zum vergangenen Jahr gab es bei der Wintergerste und der Weizen-Roggen-Kreuzung Triticale. Laut Franz Windisch, Präsident der LK Wien, waren die fehlenden Niederschläge im April belastend für die Pflanzen: "Auf der Zielgeraden ist uns das Wasser ausgegangen, ab Mitte Mai hat das Wasser für die Kornbildung gefehlt." Deshalb seien die Getreideähren "halb so groß wie normal".

Trockener Winter

Der relativ trockene Winter hätte bereits im Frühjahr die Ernteerwartungen der Bauern gedrückt. Vor allem im Südburgendland, im Marchfeld und im Mühlviertel war der Niederschlag deutlich niedriger als im langjährigen Mittel. In den Monaten Mai und Juni machte das Defizit teilweise sogar mehr als 70 Prozent aus. Im Juni hatte zusätzlich eine ungewöhnlich starke Hitzewelle den Pflanzen zugesetzt.

Aktuell würden Getreidepreise steigen, sagte LK-Sprecher Josef Siffert zum STANDARD. Die Dürre in den USA, aber auch in der Ukraine und Russland hat sich auf den internationalen Getreidemarkt niedergeschlagen: "Es gibt keinen regionalen Getreidepreis mehr", sagte Siffert: "Heuer wird weltweit zum ersten Mal seit vier Jahren weniger geerntet als benötigt." Für Konsumenten hätte der steigende Getreidepreis zumindest derzeit kaum reale Auswirkungen: "Wenn ein Kilo Brot zwei bis drei Euro kostet, macht das Mehl darin maximal 15 Cent aus", rechnet Siffert vor. Eine Tonne Weizen kostet an der Pariser Warenterminbörse derzeit rund 180 Euro.

Um Bauern künftig besser auf schwierige klimatische Bedingungen vorbereiten zu können, hat die Landwirtschaftskammer bereits vor zwei Jahren einen Onlinewarndienst mit Prognosemodellen über Wetter und Schädlinge eingerichtet.

Apfelernte gefährdet

Während die Mais- und Getreideernte von dem Spätfrost Ende April größtenteils verschont blieb, fiel die Apfelernte frostbedingt sehr gering aus. "Eigentlich bedeutet Frost im Vorjahr eine gute Ernte im Folgejahr", sagte Markus Leithner, Sprecher von Bio-Austria, zum STANDARD: "Heuer ist die Rechnung aber nicht aufgegangen." Bio Austria wie auch die Landwirtschaftskammer gehen davon aus, dass die diesjährige Apfelernte um bis zu 50 Prozent niedriger sein könnte als das langjährige Mittel. Es gebe jedoch "extreme regionale Unterschiede", sagte Leithner. Apfelbauern in der Steiermark wären besonders stark betroffen.

Die erneute magere Ernte – bereits 2016 kam es zu massiven Ernteausfällen – würden die Apfelbestände deutlich reduzieren, heißt es in der Landwirtschaftskammer. Agrarmarkt Austria Marketing (AMA) kündigte bereits am Mittwoch an, dass die heimischen Apfelreserven voraussichtlich Ende Juli erschöpft sein werden. "Es muss heuer mehr importiert werden", sagte Siffert. Importäpfel in Österreichs Supermärkten stammen größtenteils aus Südtirol und Deutschland, so Siffert.

Weinbauern sorgen sich

Der Regenmangel in manchen Regionen Österreichs treibt auch den Weinbauern Sorgenfurchen auf die Stirn. Die anhaltende Trockenheit zeige bei den Reben zwar noch nicht so brisante Auswirkungen wie beim flachwurzelnden Getreide, stellt der Direktor des österreichischen Weinbauverbands, Josef Glatt, fest, doch im Weinviertel, Krems, in der Thermenregion und punktuell im Burgenland lasse das Blattwachstum bereits zu wünschen übrig. Falle hier nicht bald Regen ("ohne Hagel, bitte", so der Fachmann), könnten die Pflanzen, die derzeit eigentlich ihre stärkste Wachstumsphase hätten, ihren Triebwuchs weiter verringern oder gar einstellen.

Von der Trockenheit sind Junganlagen stärker betroffen, die aufgrund ihrer Wurzelsysteme noch keine Wurzeltriebe bis tief ins Erdreich aufweisen können und somit auf vorhandene Wassermengen knapp unter der Erdoberfläche angewiesen sind. (lauf, kat, 7.7.2017)