Bei der gestrigen Unesco-Jahreskonferenz in Krakau wurde die Wiener Innenstadt auf die Rote Liste gesetzt. Und bedenkt man die Unbeweglichkeit des Welterbekomitees, so wird es nicht mehr lange dauern, bis Wien die Auszeichnung Weltkulturerbe verloren haben wird. Deren einziges Qualitätskriterium scheint wieder einmal der Höhenmeter zu sein. Hat städtebauliche Qualität wirklich damit zu tun, ob ein Turm 73, 66 oder – wie von der Unesco gefordert – 43 Meter in den Himmel ragt?

Diese rein visuelle Betrachtungsweise ist buchstäblich eindimensional. Es bedarf dringend eines offenen Diskurses auf Augenhöhe – mit zeitgemäßen Kriterien, die in der Lage sind, mit der Stadt von morgen zu interagieren. Und genau das ist das Versäumnis, das man der rot-grünen Stadtregierung ankreiden kann: Statt des bangen Wartens, das angesichts der so vorhersagbaren Entscheidung eh keines war, hätte man längst schon definieren können, wie man das künftige Wachstum der Stadt handhaben möchte – und welche symbolische Bedeutung der Heumarkt-Turm in dem Kontext einnimmt.

Früher oder später wird man Wien verdichten und in die Höhe bauen müssen – auch in stadthistorisch sensiblen Sichtachsen. Oder will man die 250.000 Einwohner, die in den nächsten zehn Jahren zuziehen sollen, allesamt in Seestädte verfrachten? Randnotiz: Dresden steht – acht Jahre nach Aberkennung des Welterbe-Titels – immer noch. (Wojciech Czaja, 6.7.2017)