Jeden Sommer werden die prächtigen Gartenanlagen in Hannover mit Feuerwerken bespielt.

Foto: Hannover Tourismus / Sebastian Gerhard

Einfallsreich sind sie, die Hannoveraner: Um die hohe Arbeitslosigkeit in der Vorkriegszeit zu verringern, buddelten sie einen Riesenteich aus, den Maschsee. Statt nach der Zerbombung im 2. Weltkrieg den Riesenschutthaufen liegen zu lassen und anderswo hinzuziehen (das war geplant) bauten sie Vieles nach alten Plänen wieder auf.

Die Stadt brauchte erfolgreiche Wirtschaft, also gründete man die Deutsche Messe AG und veranstaltete 1947 die Expo, die Hannover zur "Messehauptstadt" Deutschlands machte, mit dem größten Messegelände der Welt und über 100 Messen im Jahr. Man wollte sich neu und bunt präsentieren – Niki de Saint Phalle wurde engagiert, das Ufer der Leibnitz mit Nanas zu verschönern, die zwar zu Beginn nicht gerade Begeisterung hervorriefen, aber heute zu den beliebtesten Fotomotiven gehören. Wie übrigens auch die von ihr wiederbelebten Grotten in der Parkanlage in Hannover Herrenhausen.

Aussicht auf viel Grünes

Man wollte in Hannover jedem die Möglichkeit bieten, von der Rathauskuppel über Hannover zu schauen – ein weltweit einzigartiger Kuppelaufzug wurde konstruiert, bei dem die Kabine teilweise leicht schräg liegt. Man wollte Lebensqualität bieten – ein riesiger Stadtwald, der größte Europas, doppelt so groß wie der Central Park, sorgt für Freizeitmöglichkeiten. Und man wollte die Barockgärten nicht nur bei Tag beleben – also wurde ein Feuerwerkswettbewerb ins Leben gerufen.

PyroCrush

Womit wir beim Himmel über Hannover wären, den die Stadt seit 1991 jährlich von verschiedenen Feuerwerks-Gruppen bemalen und beglitzern lässt. Eine Tradition, die bereits im 17. Jahrhundert Fürsten sowie deren Gäste erfreute und die heute als internationaler Wettbewerb ausgetragen wird. Ab 18 Uhr strömen die Zuschauer in den Park, machen es sich mit Picknick-Körben auf Decken bequem und werden mit Clowns und Stelzenfiguren, mit Bier-, Sekt- und Eisstandeln bis zum Feuerfinale unterhalten.

Pflicht und Kür am Himmel

Fünf Nationen, die eine Jury aus fast hundert Bewerbern auswählt, dürfen ihre pyromanischen Künste in den Nachthimmel sprühen, begleitet von Musik und allerlei Spektakel. "Feuerwerksgeschichten", neudeutsch Pyromusical werden sie genannt, denn zu jeder Vorführung gehört ein Thema, das sich die Teilnehmer selbst aussuchen. Nach der "Pflicht", einem vorgegebenen Musikstück, etwa vier Minuten lang (heuer ist es Sibelius mit "Finlandia") kommt die "Kür" von 20 Minuten.

Dafür soll der Barockgarten und der Himmel darüber möglichst stimmig "ausgefüllt" werden, mit Bodenelementen und verschiedenstufigen Feuerwerksfontänen. Fachleute sprechen von Kugel-Zylinderbomben, von Mittelfeuerwerkspositionen, von hellen Blitzen und wogenden, ruhigen Goldeffekten, die langsam abregnen.

Eine Generalprobe gibt es nicht

Heuer waren es auch Fachleute aus Österreich, die nach langer Zeit wieder einmal antraten. Die Konkurrenz kommt aus Spanien, im 19. August ist England dran, am 2. September Polen und am 16. September die USA. Dann wird auch der heurige Preisträger bekannt gegeben. Das Team Styer-Fire, koordiniert von René und Niki Langer, wurde vor einem Jahr ausgewählt, hatte im Herbst die ersten Ideen. Drei Monate haben sie in die Vorbereitungen investiert, und zu zehnt in drei Tagen alle die Sprüher und Blitzer, Fontänen und sonstigen Himmelsstürmer montiert und verkabelt.

Jörn W

"Als Motto haben wir die Raunächte gewählt, wenn die bösen Geister vertrieben werden und man sich auf ein neues, sonniges, fruchtbares Jahr freut." Ein eigenes Softwareprogramm steuert die Zündungen zur Musik, 30 bis 40 in der Sekunde. "Das war noch vor 20 Jahren nicht möglich." Und dann schließlich, die Dämmerung wird zur Nacht, wird um 22 Uhr 30 auf den Knopf gedrückt. "Dann geht alles automatisch. Aber spannend ist es schon, schließlich gibt es keine Generalprobe."

Perchten in Norddeutschland

Unheimlich hat es begonnen, das Alpenprogramm, 20 Perchten mischten sich in blutrotem Schein unters Publikum, dazu mystische Musik, der Garten bebte und die Zuschauer stöhnten. Schließlich hellere Musik und fröhlicher leuchtender Himmel, dazu Polka, Beatles und Rolling Stones. "Auch wenn wir nicht gewinnen, es ist einfach toll, hier mitgemacht zu haben", meint Niki Langer, der bereits am nächsten Feuerwerk für Juli in Monte Carlo bastelt.

Hannover hat aber auch sonst einiges zu bieten: Man kann dem "Roten Faden" folgen, einer über vier Kilometer langen Leitlinie durch die Innenstadt. Und es gibt ständig Feste wie das Maschseefest, fast drei Wochen lang im August kommen zwei Milionen Besucher wegen Live-Musik, Kleinkunst und Gastronomie. (Elisabeth Hewson, X.7.2017)