Wien – Die Griss-Show ging so aus, wie sich die Parteiführung der Neos das vorgestellt hat: Mit großer Mehrheit stimmten die Mitglieder der Pinken bei ihrer Versammlung am Samstag für die Kandidatur Griss' auf der Neos-Liste für die Nationalratswahl am 15. Oktober. Die Zustimmung zur "Allianz" mit Griss war der einzige inhaltliche Abstimmungspunkt am Samstag, das Programm entsprechend auf Griss zugeschnitten. Der Rest der Liste wird am Sonntag gewählt.

ZiB1-Bericht über die Kandidatur von Irmgard Griss.
ORF

Die ehemalige OGH-Präsidentin und Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016 steht damit auf Platz zwei der Bundesliste und auf Platz eins der steirischen Neos-Landesliste. Davor hatte sie sich im STANDARD-Gespräch dezidiert gelassen gegeben: Sie werde nichts anderes sagen als sonst auch, "die Mitglieder sollen sich das überlegen und dann eine Entscheidung treffen".

"Tun Sie doch was!"

In welche Richtung die Parteibasis tendieren würde, war dann recht bald klar: Bei ihrer Rede wurde Griss mit Jubel und Standing Ovations begrüßt. Sie sei im vergangenen Jahr nicht untätig gewesen und habe viele Gespräche geführt – immer wieder sei sie dabei aufgefordert worden: "Tun Sie doch was!" Das sei der Grund dafür gewesen, "dass sich der Kontakt mit Matthias Strolz intensiviert hat", erklärte die Juristin.

Den Neos habe sie wegen der Unterstützung im Hofburg-Wahlkampf viel zu verdanken, aber "ich habe gemerkt, dass die Werte, die mir wichtig sind, auch dieser Gemeinschaft wichtig sind" – Respekt, Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Solidarität. Schnelle Veränderungen in der Gesellschaft machten vielen Angst, sagte Griss. "Umso wichtiger ist es daher, dass die Politik heute in dieser Zeit verantwortungsvoll agiert. Sie lehne es "absolut" ab, Ängste zu schüren.

Allianz im Uniqa-Tower

War das Plenum Griss in seiner Gesamtheit wohlgesonnen, mischten sich dennoch kritische Wortmeldungen unter die Danksagungen und Gratulationen an die neue Neos-Kandidatin. Parteigänger wollten etwa von ihr wissen, ob sie sich vom Sager in einem "Falter"-Interview 2016 distanziere, wonach die Nationalsozialisten zu Beginn "nicht nur ein böses Gesicht" gezeigt hätten – oder von ihrer Verwendung des Wortes "Reichskristallnacht" für die Novemberpogrome der Nazis. Griss verweigerte die Distanzierung von beidem – unter Verweis darauf, dass sie "nicht die leiseste Sympathie für so etwas" hege.

Parteichef Matthias Strolz beschwor bei der Veranstaltung im Uniqa-Tower immer wieder die "Allianzen", die die Neos eingingen – etwa mit Griss, der Unternehmerin Viktoria Kickinger oder Ex-Banker Karl Sevelda. Die Fähigkeit, Allianzen zu bilden, sei "eine Qualität, die einzigartig ist in der österreichischen Politik", sagte Strolz im Anschluss vor Journalisten.

Griss im Namen

Die Entscheidung, Griss' Namen in den Namen der Neos-Liste für die Wahl aufzunehmen, verteidigte Strolz – im Oktober machen Neos-Wähler ihr Kreuz ja wie berichtet bei der Liste "Neos – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung".

Für Strolz ist dieses Vorgehen "ganz natürlich", schließlich sei Griss eine politische Marke, "die man nicht kaufen kann". Bei der Fortsetzung der Mitgliederversammlung am Sonntag beenden die Neos ihr kompliziertes Vorwahlprozedere und wählen ihre Liste für die Nationalratswahl. (Sebastian Fellner, 8.7.2017)