Wien – Sharing Economy heißt der ökonomische Ansatz, der seit einer Weile neue Bewegung in den etablierten Wettbewerb bringt: Menschen sollen ungenutzte Ressourcen lieber – gratis oder gegen ein Entgelt – teilen, anstatt sie der Gemeinschaft vorzuenthalten. "Kollaborativen Konsum" nennt das die britische Wirtschaftswissenschafterin Rachel Botsman. Auf diesen Ansatz spezialisierte Firmen wie Uber bieten keine Dienstleistungen oder Produkte an, sondern stellen lediglich die digitale Infrastruktur bereit, um potenzielle Kunden und private Anbieter in Kontakt zu bringen.

Anfangs als altruistische Alternative gesehen

Eines der bekanntesten Unternehmen in diesem Bereich ist der Unterkunftvermittler Airbnb, den nun eine Untersuchung der Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien unter die Lupe genommen hat – unter anderem auch, weil sich hier besonders das Spannungsfeld von Wohltätigkeit und Wettbewerb der Sharing Economy offenbart. Studienleiterin Ilona Pezenka: "Airbnb wurde anfangs als altruistische Alternative zur herkömmlichen Beherbergungsindustrie gesehen. In den letzten Jahren hat sich das gesamte Segment jedoch zu einem boomenden Geschäftsmodell ausgewachsen."

Die Behausungen auf Airbnb sind längst nicht mehr eine wohlfeile Alternative, sondern werden laut Pezenka zunehmend teurer als Hotels. In Kombination mit der Unterkunft werden verstärkt besondere Urlaubserfahrungen vor Ort offeriert. Auch ein erweitertes Angebot für Familien und Geschäftsleute deutet darauf hin, dass sich das Portal längst nicht mehr nur an Sparfüchse richtet.

Wie ticken Airbnb-Nutzer?

Da der Preisaspekt als ökonomische Erklärung für den anhaltenden Geschäftserfolg somit offenbar nicht mehr taugt, stellten sich die Wirtschaftswissenschafter die Frage, wie diese Nutzer ticken: "Offensichtlich adressiert Airbnb ein stark erlebnisorientiertes Kundenprofil. Wenig systematisch untersucht ist hingegen die Frage, wie sich dieses spezifische Profil auch tatsächlich in der Persönlichkeitsstruktur von Nutzern der Sharing Economy widerspiegelt."

Um mehr darüber herauszufinden, befragten Pezenka und ihr Team insgesamt 1426 Personen im Alter von circa 25 Jahren. Der Befund: Wenig überraschend konnte man bei der Mehrheit der Airbnb-Nutzer einen extrovertierten und für neue Erfahrungen offenen Persönlichkeitstyp feststellen. Jedoch sind diese Kunden offenbar weitaus weniger spontan als angenommen, sondern eher sehr organisierte Charaktere, die einen Urlaub akribisch planen.

Wer via Airbnb bucht, sucht also häufig neue Erfahrungen – aber in Form eines gänzlich auf die eigenen Wünsche zugeschnittenen individualistischen Programms. Ein Konzept, das sich auch gegenüber der traditionellen Tourismusindustrie als existenzsichernd erweisen könnte.

Imageproblem

Schließlich bekommt Airbnb gerade ein Imageproblem, da der soziale Lack der Marke abblättert: Mithilfe der Plattform ist ein touristischer Wohnungsschwarzmarkt entstanden, den insbesondere großstädtische Kommunen für Verluste von Steuereinnahmen und explodierende Mietpreise verantwortlich machen.

Die Reglementierung ist daher die größte Herausforderung, meint Pezenka. Ein grundsätzliches Vermietungsverbot unangemeldeter Ferienwohnungen, wie es in Berlin seit 2016 gilt, hält sie aber nicht für sinnvoll: "Das ist nur schwer zu exekutieren. Barcelona geht einen anderen Weg: Hier wird inzwischen transparent gemacht, welche Wohnungen registriert sind. Statt Verbote zu erlassen, sollte man lieber an das Gewissen der Touristen appellieren." (Johannes Lau, 12.7.2017)