Geldsegen für Medien? Warum eigentlich? Der zuständige Minister Thomas Drozda versuchte eine neue Förderung auf die Beine zustellen. Es blieb beim Versuch.

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Kein Zweifel: Minister Thomas Drozda hat es nach Jahren österreichischen "Dahinwurstelns" gewagt, das heiße Eisen Presseförderung nicht nur anzupacken, sondern mit einem Bekenntnis zur Erhöhung der Mittel zu verknüpfen. Seit Mitte der 1990er-Jahre sinkt der reale Wert der Presseförderung, gemessen als Anteil am BIP, drastisch. Es lässt sich zeigen, dass mit dem Sinken der Mittel für die 1985 eingeführte Vielfaltsförderung der Marktanteil der geförderten Zeitungen sinkt. Das mag auch andere Gründe haben; dass das Geld der Steuerzahler hier sinnvoll eingesetzt worden wäre, lässt sich jedoch bezweifeln.

Mit diesem Geld gelte es "sorgsam" umzugehen, sagte der scheidende Geschäftsführer der RTR, Alfred Grinschgl, vor kurzem in einem STANDARD-Interview. Und er regte an, staatliche Förderungen Medienunternehmen vorzuenthalten, die mehrjährig nachhaltigen Gewinn machen. Wir leben in einem marktwirtschaftlichen System, dessen Logik vom Staat die Gewährleistung von Mindeststandards (wie Wettbewerbsschutz und Wahrung von Arbeiternehmerrechten) verlangt – nicht mehr.

Medienförderung dient nicht ökonomischen Zwecken, sie kann bestenfalls Marktversagen ein wenig korrigieren. Ihr Ziel ist ein anderes: die Sicherung der demokratischen Qualität medienvermittelter Kommunikation. Hannes Haas hat es 2012 in seiner Evaluierung der Presseförderung unmissverständlich formuliert: "Für die Legitimation eines staatlichen Förderungssystems muss die Demokratie das wichtigste Referenzsystem journalistischer Qualität sein." Diese ist "somit dann gegeben, wenn Medien ihre Funktion zur Herstellung einer demokratischen Öffentlichkeit erfüllen".

Das ist eine adäquate Definition journalistischer Qualität.

Natürlich stellt die Umsetzung dieser Definition in ein politisch taugliches Instrument eine Herausforderung dar. Aber sie ist nicht unlösbar. Ihr Kern liegt in der Bestimmung dessen, was Demokratie ausmacht.

Wie die Gesellschaft selbst verändert sich auch das Verständnis von Demokratie – und es verändert sich rascher und dramatischer, als man es lange Zeit angenommen hatte (oder wahrhaben wollte). Doch die in zahlreichen Wahlgängen der letzten Zeit zum Ausdruck gekommene Unzufriedenheit der Wählerschaft mit der herrschenden Form der repräsentativen Demokratie und ihren als "abgehoben" erlebten Aushandlungsmechanismen ist nur eine Seite der Medaille.

Sie wird oft als "Politikverdrossenheit" missverstanden. Denn langjährige Umfragen zeigen, dass daneben, meist auf lokaler Ebene, neue Formen gesellschaftlichen Engagements entstehen. Immer mehr – vor allem – junge Menschen wollen nicht bloß in der Wahlzelle ihre "Stimme abgeben", sondern selbst mitreden und mitgestalten.

Diese parallel existierenden deliberativen und partizipatorischen Formen von Demokratie erfordern andere Medienqualitäten als das "klassische" repräsentative Verständnis. Das heißt nicht, dass es überholt ist, durch faktengetreue, sachliche und die Vielfalt der Meinungen ausgewogen berücksichtigende Information fundierte Wahlentscheidungen zu unterstützen.

Aber zusehends gilt es, demokratische Öffentlichkeit auch anders herzustellen: durch Bereitstellung von Kontext- und Orientierungswissen, das Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs ermöglicht, oder durch Befähigung und Motivation, sich aktiv in politische Gestaltungsprozesse einzubringen.

Diese unterschiedlichen Qualitäten können nicht von allen Medien in gleicher Weise erfüllt werden, aber in allen Medien steckt das Potenzial zu bestimmten Qualitäten. Es zu fördern ist eine der Medienpolitik angemessene Aufgabe.

Dafür braucht es ein dynamisches Konzept, zu dessen Formulierung die Akademie der Wissenschaften im Auftrag der RTR versucht hat, einen Beitrag zu leisten. Er erlaubt eine regelmäßige Beobachtung der demokratischen Kommunikationsleistung der Medien, die einer Art Evaluierung der durch Förderungen erreichten Ziele dienen kann.

Die Vergabekriterien selbst sollten, um handhabbar zu bleiben, Indikatoren der internen Qualitätssicherung folgen. Sie liegen seit langem auf dem Tisch (siehe u. a. Haas-Bericht), greifen jedoch nur im Paket, nicht einzeln. Das heißt, es geht nicht nur um redaktionsbezogene Voraussetzungen, sondern auch um verpflichtende Selbstregulierung (z. B. Redaktionsstatut, Ehrenkodex, Presserat) sowie um Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung.

Zu wenig wurde bisher allerdings über eine sektorspezifische Ausgestaltung dieser Qualitätsindikatoren nachgedacht. Zu oft wird der nichtkommerzielle Sektor in der Förderungsdiskussion übersehen. Er wird aber in einer partizipatorisch gelebten Demokratie immer wichtiger werden. (Josef Seethaler, 11.7.2017)