Avi Gabbay, zehnter Chef der israelischen Arbeiterpartei seit 2001.

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Vor den internen Wahlen bei der israelischen Arbeiterpartei sagten böse Zungen, die Kandidaten würden ja bloß darum kämpfen, wen von ihnen man als Nächsten hinausschmeißen wird. Tatsächlich wird Avi Gabbay, der am Montag überraschend gewonnen hat, seit 2001 der bereits zehnte Vorsitzende der zerstrittenen, nach einer Linie und einer charismatischen Führungsfigur suchenden Sozialdemokraten sein.

In seiner Siegesrede hörte er sich wie seine Vorgänger an: "Kommt, vereinen wir unsere Kräfte, das Land und die Partei brauchen uns", rief er, "nur gemeinsam werden wir siegen!"

Aber Gabbay ist sicher kein herkömmlicher Politiker und auch kein herkömmlicher israelischer Linker. Die meisten der großen Persönlichkeiten der Arbeiterpartei wurzelten in der europäischstämmigen Elite – doch Gabbay wurde 1967 als siebentes von acht Kindern einer marokkanischen Einwandererfamilie geboren, die in einem Auffanglager in Jerusalem lebte.

Beruflich und politisch schlug er einen Zickzackkurs ein: Nach einem Wirtschaftsstudium arbeitete er im Finanzministerium, ehe er 1999 einen Job beim Telekomriesen Bezeq annahm, wo er sich als exzellenter Manager erwies, rasant aufstieg und 2007 zum Generaldirektor befördert wurde. Als solcher musste er hunderte Mitarbeiter entlassen, was in seinem jetzigen politischen Lager keine Empfehlung ist.

Mit 46 wechselte er plötzlich in die Politik. Das war auch deswegen möglich, weil er mit einer Abfertigung von angeblich 14 Millionen Dollar finanziell unabhängig war. Er stieg bei der neuen Zentrumspartei Kulanu ein, die ihn 2015 in der Koalition mit Benjamin Netanjahus Likud zum Umweltminister machte. Doch schon 2016 trat er aus Protest gegen Rechtsaußen Avigdor Lieberman, der zum Verteidigungsminister gemacht wurde, zurück. Und Anfang 2017 war Gabbay plötzlich bei der Arbeiterpartei. Der Neuankömmling wurde belächelt, als er sogleich Ambitionen auf den Parteivorsitz anmeldete. Aber er siegte mit dem Image als frische Kraft, die "den Menschen und den Bürger in den Mittelpunkt stellt".

Mit seiner Frau Ayelet, die ebenfalls einen hochbezahlten Hightechjob aufgegeben hat und Lehrerin geworden ist, zieht Gabbay in Tel Aviv drei Kinder groß. In Israel fragt man sich, ob der selbstbewusste Quereinsteiger tatsächlich das Zeug dazu hat, einem Kaliber wie Netanjahu Paroli zu bieten und die in den Umfragen weit abgeschlagene Arbeiterpartei zu alter Größe zurückzuführen. (Ben Segenreich, 11.7.2017)