Wirtschaftsfaktor Youtube: Die Medienbehörde ließ untersuchen, wie erfolgreich österreichische Kanäle sind. Beim Ranking liegt Novritsch mit seinem Airsoft Sniper Channel mit über 1,8 Millionen Abonnenten auf Rang drei.

Foto: Screenshot / Novritsch

Wien – Fast sechs Millionen Abonnenten zählt der Youtube-Channel von Red Bull, der Mateschitz-Konzern führt damit das Ranking der Youtube-Channels in Österreich an. Auf Platz zwei nach Abonnenten folgt der Channel von Künstler KsFreakWhatelse vor dem Airsoft-Sniper Novritsch. Das Ranking ist Teil einer Studie der Fachhochschule St. Pölten. Im Auftrag der RTR(-GmbH), dem Geschäftsapparat der Medienbehörde KommAustria, untersuchte Autor Andreas Gebesmair die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von Youtube-Channels in Österreich.

Grafik: RTR

Kein Informationsmedium

Während die ökonomische Bedeutung der Youtube-Kanäle rasant wächst, immerhin generieren 44 der 100 gerankten Channels ein existenzsicherndes Einkommen (unten mehr), hinkt die gesellschaftspolitische Relevanz hinterher. "Als Masseninformationsmedium spielt Youtube überhaupt keine Rolle", konstatierte Studienautor Gebesmair bei der Präsentation am Mittwoch. Kein einziger Kanal lasse sich der Kategorie "Information" zuordnen. "Es passiert viel Schrott", sagt Gebesmair und warnt vor der Gefahr von Fake News, die auf Youtube zirkulieren. Als Beispiel erwähnt er die kürzlich kursierende Behauptung, dass Adolf Hitler noch am Leben sei.

Die gesellschaftliche Debatte darüber sei wichtig, weil Youtube teilweise das Fernsehen ersetze. Die 14- bis 29-Jährigen verbringen etwa laut einer RTR-Studie im Schnitt 37 Prozent der Nutzungszeit für Online-Videos auf Youtube. Nicht zuletzt deswegen möchte der ORF einen eigenen Youtube-Kanal betreiben. Die Pläne dazu liegen bei der Medienbehörde, das Genehmigungsverfahren ist noch im Gange. Laut Gebesmair funktioniert der Transfer zwischen Fernsehen und Youtube allerdings nur "mäßig". Privatsender wie Puls 4 und ATV scheinen mit ihren Youtube-Präsenzen nicht unter den reichweitenstärksten 100 Kanälen auf.

Mehr als eine Millionen Abonnenten haben nur vier der Top-100-Channels, 23 zwischen 200.000 und einer Million und weitere 31 zwischen 100.000 und 200.000. Auch bei den Aufrufen führt Red Bull klar mit 1,75 Milliarden, weitere 15 Channels kommen auf mehr als 100 Millionen Aufrufe.

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Insgesamt haben die Top-100-Channels aus Österreich ein Gesamtvolumen von rund 28 Millionen Abonnenten und sieben Milliarden Aufrufe. Im Vergleich zu Deutschland (bezogen auf Bevölkerungsgröße) schneidet hier Österreich gut ab. Dort haben die 100 meistabonnierten Youtube-Channels 177 Millionen Abonnenten und 53 Milliarden Aufrufe.

Gaming und Entertainment vorne

Unter den Top-100-Channels in Österreich dominieren fünf Kategorien: Gaming, Entertainment, Music, People & Blogs und How To & Style, andere Kategorien würden eine untergeordnete Rolle spielen. Gesellschaftspolitische Themen finden sich kaum, und ein sprachlicher oder inhaltlicher Bezug zu Österreich oder seinen Regionen existiert praktisch nicht. Der Beitrag der Channels zur Identitätsbildung sei entsprechend zu vernachlässigen, so ein Fazit der Studie: "Die Vielfalt hält sich in Grenzen." Es dominiere eine "konsumistische" Einstellung. "Besitzen, Kaufen und Haben sind wichtig", resümiert Gebesmair.

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Die untersuchten Channels liefern regelmäßig neue Beiträge, 31 Prozent veröffentlichen ein- bis zweimal wöchentlich Videos, 28 Prozent mehr als zweimal die Woche und elf Prozent täglich oder mehrmals täglich. Im Durchschnitt bieten die österreichischen Top-Betreiber rund 400 Videos auf ihren Channels an. Davon sind fast die Hälfte auf Englisch, der Großteil der österreichischen Anbieter zielt also laut der Studie explizit auf einen internationalen Markt ab.

Auf 84 Prozent der Channels sind Eigenproduktionen zu sehen, nur auf 16 Prozent werden Inhalte von anderen angeboten. 78 Prozent der Channels werden von Einzelpersonen, zwei Personen oder Gruppen betrieben, nur 14 Prozent von Unternehmen. Laut der Studie sind zehn Prozent der Youtuber Teil des Multi-Channel-Netzwerks Diego 5, neun Prozent sind bei Studio71, einer ProSiebenSat.1Puls4-Tochter.

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Hinweis auf Produktplatzierungen fehlt oft

Laut Schätzung nahmen die 100 meistgesehenen YouTtbe-Channels in Österreich in den vergangenen zwölf Monaten drei bis 7,5 Millionen Euro ein, wobei die Einnahmen recht ungleich verteilt seien. Die Studie nimmt für 44 der 100 Channels ein existenzsicherndes monatliches Einkommen von 1.000 bis 2.500 Euro an. Sechs davon dürften allerdings monatlich deutlich mehr als 10.000 Euro verdienen.

Die ökonomische Bewertung sei nicht einfach, sagt Gebesmair, da die Zahlen aus dem Youtube-Partnerprogramm auf Schätzungen basieren. 45 Prozent der Einnahmen aus der Werbung gehen an Google, geschätzt erhalten Youtuber pro 1.000 Aufrufe einen bis maximal 2,5 Euro.

46 Prozent der untersuchten Channels verdienen mit Affiliate Marketing, also mit Links zu Verkaufsplattformen, und 33 Prozent durch Produktplatzierungen Geld. 26 Prozent bieten auch Merchandising-Produkte an, und 20 Prozent der Top-100-Channels verlinken zu Crowdfunding-Plattformen.

54 der 100 meistgesehenen Videos österreichischer Youtuber enthalten laut Studie eindeutig Produktplatzierungen, aber nur in neun Videos wird darauf auch hingewiesen. (omark, red, 12.7.2017)