Wien – Analysiert man die Investitionsflüsse gehen, so zeigt sich, dass die Einzelhandelsflächen massiv zurückgehen – im Halbjahresvergleich (2016/17) gar um 10,6 Prozent, zeigt eine Studie der CBRE Group. CBRE arbeitet für Immobilieneigentümer, Investoren und Mieter auf der ganzen Welt in Sachen strategische Beratung, Immobilienvermietung und ‑verkauf.

Gleichzeitig hat laut Studie die Sparte Industrie und Logistik um 10,9 Prozent zugenommen; nicht zuletzt, weil sich die Investoren steigende Renditen erwarten. Georg Fichtiger und Andreas Ridder von CBR Österreich bezeichnen die Entwicklung im Einzelhandel als "dramatisch", weil das Geschäftesterben zum Großteil auf den wachsenden Onlinehandel zurückgeführt wird. In den USA stehen ganze Einkaufszentren leer – ein Trend, der auch nach Europa komme.

Verkaufsräume stehen zunehmend leer

Wenn früher große Händler nach Europa kamen, starteten sie mit 500 Filialen, heute seien es gerade einmal 50, sagte Fichtinger am Mittwoch vor Journalisten. Auch in Österreich stehen etliche Verkaufsräume leer. Für die Nachnutzung eigenen sich unter anderem Wohnungen, Selfstores, Dienstleister, Ärzte und Lagerflächen. Amazon habe in den USA begonnen, die leeren Flächen als Lager zu mieten. Der Trend zu sterbenden Einkaufsstraßen "wird uns noch in den nächsten Jahren beschäftigen", so die Experten. In Österreich gebe es vergleichsweise wenige Logistikflächen; aufgrund der Preise weichen die Händler nach Bratislava und Tschechien aus, weil die Flächen dort günstiger seien.

Investitionsvolumen nahe Rekordwert

Im ersten Halbjahr haben in Österreich vor allem Deutsche in Immobilien investiert. Auf ihr Konto gingen rund 56 Prozent des Investitionsvolumens von circa 2,5 Milliarden Euro. "Das zweite Quartal war immens stark, von April bis Juni 2017 wurde doppelt so viel investiert wie im ersten Quartal", sagt Fichtinger, der bis Jahresende ein Volumen von knapp 3,5 Milliarden Euro in Österreich erwartet. "Wir sollten uns dem Rekordwert aus 2015 von 3,75 Milliarden Euro nähern."

Allein im ersten Halbjahr 2017 gab es fünf Großtransaktionen mit Volumina von jeweils mehr als 100 Millionen und einem Gesamtwert von rund 1,4 Milliarden Euro. Die markantesten Investments waren DC Tower (Verkäufer BAI, Käufer Deka), Icon Vienna (Verkäufer Signa, Käufer Allianz) und Orbi Tower (Verkäufer IWS Town Town AG, Käufer BA Real Invest).

"Die vergleichsweise hohe Anzahl an großvolumigen Transaktionen im ersten Halbjahr 2017 ist bemerkenswert, im gesamten Jahr 2016 fanden nur vier Deals in dieser Größenordnung statt", sagt Fichtinger, der allerdings auch feststellt, dass die Investoren vorsichtig bleiben und gerade großvolumige Transaktionen sehr lange dauern können.

Nur 29 Prozent wurden im ersten Halbjahr durch inländische Investoren abgewickelt, während die internationalen Investoren für etwa 15 Prozent der Deals verantwortlich waren. Bei den internationalen Investoren waren es vor allem luxemburgische und französische Investoren, die in Österreich investiert haben.

Die Büroimmobilien haben wieder das größte Interesse auf sich gezogen: Circa 61 Prozent des Investitionsvolumens entfielen auf Büroimmobilien, wo eine Spitzenrendite von 3,95 Prozent erreicht werden konnte (erstes Halbjahr 2016: 4,1 Prozent). Wohnimmobilien ziehen immer mehr an, auf sie entfielen rund zwölf Prozent des Investitionsvolumens im ersten Halbjahr 2017, neun Prozent jeweils auf Retail und Hotels.

Als Basis für die Berechnung der Investmentzahlen dienen seit dem ersten Halbjahr 2017 in Wien und Österreich die Signings (das Unterschreiben der Verträge) – und nicht wie bisher die Closings der Transaktionen. "Wir haben uns mit den anderen Beratern darauf verständigt, alle Deals, die bereits unterschrieben sind, zu berücksichtigen. Somit sind unsere Zahlen alle auf demselben Niveau, sollten allerdings nicht mit den Vorjahren verglichen werden", so Fichtinger. Als Grund für die neue Berechnung nennt Fichtinger vor allem die immer länger werdenden Zeiträume bis zum Closing (Eintritt sämtlicher aufschiebender Bedingungen) einer Transaktion. "Durchschnittlich dauert ein Mandat heute um vier bis sechs Monate länger als noch vor fünf Jahren", so Fichtinger.

CEE-Länder: Deutliches Investmentplus

"Die Länder der CEE-Region muss man sich inzwischen sehr differenziert ansehen", sagt Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich und Chairman CEE. Während Polen und Tschechien beim Investmentvolumen sowie der Attraktivität auf ähnlichem Niveau sind wie etwa Österreich, stagnieren andere CEE-Märkte.

In Polen wurden im ersten Halbjahr 2017 rund 2,16 Milliarden Euro investiert, in Tschechien waren es rund 2,08 Milliarden. "Damit wurden rund drei Viertel aller Investments in Core-Ländern in diesen beiden Ländern getätigt", so Ridder. Zu den CEE-Kernländern gehören neben Tschechien und Polen die Slowakei, Ungarn und Rumänien. In diesen wurden von Jänner bis Juni rund 5,91 Milliarden investiert, 54 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2016.

"Während Tschechien, Polen und auch Ungarn im Vergleich zum Vorjahr das Niveau bis zum Jahresende halten werden können, hat Rumänien bereits zum Halbjahr das Investitionsniveau des gesamten Jahres 2016 erreicht", so Ridder.

In allen CEE-Ländern wurden im ersten Halbjahr 2017 rund 7,93 Milliarden Euro investiert. Bis zum Jahresende – so die Prognose von CBRE – sollten es rund 14 Milliarden Euro werden, was einem All Time High entspräche.

In einigen Hauptstädten der CEE-Region ist dieselbe Entwicklung wie in den meisten westeuropäischen Städten zu sehen: Die Renditen sind auf ihrem zyklischen Tief – so zum Beispiel in Prag und Warschau. In anderen CEE-Städten gibt es durchaus noch Potenzial in Bezug auf die Renditen. "Diese Städte – wie Zagreb, Bratislava oder Budapest – sind für Investoren attraktiv, da sich hier die Renditen noch entwickeln können."

Bedarf an Büros in CEE-Ländern steigt

In Budapest und Warschau wird – neben Madrid und Barcelona – in den nächsten Jahren der höchste Anstieg an Bürobeschäftigungen erwartet. Bis 2021 soll in Budapest die Zahl der im Büro Beschäftigten um mehr als 2,5 Prozent steigen, in Warschau um rund zwei Prozent – zum Vergleich: In Wien sollte der Anstieg in den kommenden Jahren bei rund 1,5 Prozent liegen. "Durch den Anstieg der Beschäftigten in den Büros wird auch der Bedarf an Büroraum vor allem in Budapest und Warschau steigen", so Ridder.

"Wir gehen davon aus, dass der Bedarf an Büroflächen für Business-Service-Centers in den kommenden Jahren in den Städten der CEE-Region noch weiter steigen wird, wodurch weiterhin ein starkes Interesse an den dementsprechenden Immobilien registriert wird", so Ridder. (cr, 12.7.2017)