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Venus Williams (37) strebt ihrem sechsten Wimbledon-Titel entgegen. Im Halbfinale wartet die britische Hoffnung.

Foto: AP/Tony O'Brien

London – Nur eine Britin konnte Venus Williams unabhängig vom Ausgang der 131. Lawn Tennis Championships den Titel "Wimbledon-Siegerin der Herzen" streitig machen. Ausgerechnet dieser Britin, der in Australien geborenen, ungarischstämmigen Johanna Konta (26), begegnet die 37-jährige Kalifornierin heute in ihrem 101. Match an der Church Road.

Sollte im Halbfinale der britische Traum vom ersten weiblichen Wimbledon-Sieg seit Virginia Wades Triumph 1977 platzen, könnten das die Lokalpatrioten wohl noch am ehesten Venus Williams verzeihen. Die große Schwester der sportlich größeren, aber diesmal wegen ihrer Schwangerschaft verhinderten Serena Williams (35) hat vor einer kleinen Tennisewigkeit von neun Jahren zum bisher letzten Mal in Wimbledon und auch bei einem Grand-Slam-Turnier triumphiert – im Finale gegen Serena, im bis dahin 16. sogenannten Sister Act.

Damals stellte Venus bei ihrem fünften Erfolg in Wimbledon, dem siebenten auf höchster Turnierebene, im Head to Head auf 8:8. Diese spezielle Bilanz hat sich seitdem deutlich verschlechtert. Inzwischen liegt Venus Williams mit 11:17 zurück. Nachdem sie an der Autoimmunkrankheit Sjögren-Syndrom erkrankt war, traute ihr kaum noch jemand einen weiteren Grand-Slam-Titel zu, bis sie im vergangenen Jahr das Halbfinale in Wimbledon und zu Beginn dieser Saison das Endspiel bei den Australian Open erreichte (und gegen Serena 4:6, 4:6 verlor).

Gefühlswirbel

Die Hoffnungen auf das nächste Kapitel in der ruhmreichen Tennisgeschichte der Familie Williams hatte jedoch vor dem Turnierstart in London einen ziemlichen Dämpfer erhalten, als bekannt wurde, dass Venus Williams in einen Autounfall mit Todesfolgen verwickelt gewesen war.

Laut Polizeibericht hatte sie am 9. Juni ihren Geländewagen in Palm Beach Gardens, Florida, auf einer Kreuzung abgebremst. Ein von einer 68-jährigen Frau gesteuerter Wagen sei daraufhin in Williams' Auto gerauscht. Ein 78 Jahre alter Mann erlitt schwere Kopfverletzungen und starb zwei Wochen nach dem Unfall. Williams stand zum Zeitpunkt des Unfalls weder unter Einfluss von Alkohol oder Drogen, noch hatte sie mit dem Handy telefoniert. Die Familie des Opfers klagte sie dennoch wegen fahrlässiger Tötung an.

Auf der Pressekonferenz nach ihrem Erstrundensieg über die Belgierin Elise Mertens überwältigten Venus Williams die Gefühle. Sie sei am Boden zerstört, schrieb sie in einer Stellungnahme auf Facebook. "Mein herzliches Beileid geht an die Familie und Freunde von Jerome Barson. Ich halte sie weiterhin in meinen Gedanken und Gebeten."

Vier Tage vor dem Viertelfinalmatch gegen French-Open-Siegerin Jelena Ostapenko bestätigte die Polizei in Palm Beach Gardens, dass Williams keine Schuld an dem Unfall treffe. Das 6:3, 7:5 gegen die 20-jährige Lettin, die als kommende Nummer eins der im Umbruch befindlichen Damentennisszene gilt, war klarer Ausdruck großer Erleichterung. Und ihrer Liebe zum Spiel. "Es gibt keine andere Erklärung. Es ist ein wundervolles Spiel, in dem man besser werden muss, um relevant zu bleiben", sagte Venus Williams 20 Jahre nach ihrem Erstauftritt in Wimbledon. (sid, lü, 12.7.2017)