Geriet zum Abgesang auf Rot-Schwarz: die letzte Sitzung im alten Plenarsaal samt Neuwahlbeschluss – ab jetzt wird umgebaut.

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Wien – Zu einem Abgesang auf Rot-Schwarz ist es am Donnerstag im Nationalrat bei der Debatte zum Neuwahlbeschluss gekommen. FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach ließen kein gutes Haar an der, wie sie hofften, zu Ende gehenden Ära der absoluten Mehrheiten von SPÖ und ÖVP. Vertreter der beiden Regierungsparteien sahen das naturgemäß anders, äußerten aber ebenfalls die Hoffnung auf Neues.

"Diese rot-schwarze Koalition ist wieder einmal geplatzt", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, diesmal biete sich aber die Chance auf einen Neubeginn. Eine Stimme für die FPÖ sei der "einzige Garantieschein", eine Fortsetzung der bisherigen Koalition zu verhindern.

Mit den Chefs von SPÖ und ÖVP, Christian Kern und Sebastian Kurz, rechnete Strache ab: "Die Menschen erwarten mehr als so künstlich aufgebauschte Wunderwuzzis." Die beiden Parteien seien die Ursache vieler Probleme in Österreich, vor allem der "Massenzuwanderung": "Damit wollen wir am 15. Oktober Schluss machen."

Grüne kritisieren Rechtsruck

Ein Scheitern ortete auch Grünen-Klubchef Albert Steinhauser, allerdings mit entgegengesetzten Vorzeichen. Im Parlament habe man zuletzt miterleben können, wie beim Thema Flucht und Migration der Ton rauer geworden sei: "SPÖ, ÖVP und FPÖ sind in diesen vier Jahren nach rechts gerutscht." In Österreich werde die Wohlstandsverteilung schlechter, die Mieten höher, es herrsche Steuerpopulismus und das Ignorieren des Klimawandels. Die Antworten darauf sieht Steinhauser bei den Grünen, auch wenn manche sich fragten, ob deren Feuer noch brenne: "Ich sage, ja, es lodert noch."

Strolz: SPÖ und ÖVP sind "abgesandelt"

"Wir hoffen, es brennt am richtigen Ort", meinte dazu Neos-Klubchef Matthias Strolz trocken. "Die Leidenschaft ist immer gut, das Dach weniger." Auch er freute sich über das Ende des "rot-schwarzen Machtkartells", das Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg zwar wiederaufgebaut habe, heute aber aus zwei "abgesandelten Großparteien" bestehe. Die Antworten darauf sah er bei seiner Partei. "Ihre Geldtaschen in Österreich würden Neos wählen", meinte er.

Robert Lugar vom in Auflösung befindlichen Team Stronach verglich die Glaubwürdigkeit der Regierung mit einem alkoholkranken Ehemann, der das Geld der Familie regelmäßig vertrinkt und immer wieder Besserung gelobt. Sein Appell: "Wählen Sie bei der nächsten Wahl nicht Rot und Schwarz, schaffen Sie neue Mehrheiten im Land."

Schieder lobt "Verbesserungen für das Land"

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder verwies hingegen an die gemeinsam erreichten Verbesserungen für das Land. Dass wesentliche wichtige Beschlüsse wie die Aufhebung des Pflegeregresses zuletzt nach dem Aufkündigen der Koalition mit breiter Mehrheit beschlossen wurden, wertete er als ebenso positiv. Im Wahlkampf sollte man nicht vergessen, dass nicht der Streit zwischen Parteien im Vordergrund stehen sollte, sondern das Ziel, Österreich an die Spitze zu bringen.

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka pflichtete bei: "Ich gebe Schieder recht, Österreich steht gut da." Ganz vorne sei das Land aber nicht mehr, verwies er auf Arbeitslosenrate und Standortfragen und plädierte nebenbei für die Schließung der Mittelmeer-Flüchtlingsroute. Für die letzten Wochen bis zur Wahl äußerte er die Hoffnung, auf eine "Wahlzuckerlschlacht" zu verzichten.

Kern: Österreich nicht schlechtreden

Kanzler Christian Kern (SPÖ) verwahrte sich dagegen, die Situation negativer darzustellen, als sie ist: "Ich möchte mir Österreich nicht schlechtmachen lassen." Immerhin sei Österreich in einer Studie soeben als vierterfolgreichstes Land der Welt ausgewertet worden. Angesichts der kritische Aussagen der Opposition meinte Kern, schlechtzureden sei nicht von überbordender Verantwortung geprägt. Nötig sei, Österreich mit ruhiger Hand in eine gute Zukunft zu führen. Allerdings brauche das Land Veränderungen, die Regierenden müssten neue Antworten geben.

Das Ziel müsse daher wie stets sein, dass es den Kindern besser als ihren Eltern gehe. Kerns Fragen: Wie stärke man den Wirtschaftsraum, wie erhalte man den Zugang zum besten Gesundheitssystem der Welt, wie sichere man die Pensionen, und wie schütze man die Grenzen? Konkrete Antworten gab Kern in seiner zehnminütigen Rede allerdings nicht, betonte jedoch, dass es eine Politik brauche, die die Mittelschicht konsequent stärke. Überhaupt müssten alle vom gerade spürbaren Aufschwung profitieren.

Brandstetter: "Einiges schaffen wir noch"

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) lobte, dass es in den vergangenen Wochen nach dem Platzen der Koalition gelungen sei, Materien wie Bildungsreform, Primary Health Care und Frauenquote in den Aufsichtsräten zu beschließen. Das sei nur gelungen, weil man das zur Seite gelassen habe, was die Opposition Klientelpolitik nenne. Diese gemeinsame Vorgangsweise sei es, was man in diesen Zeiten benötige: "Gerade in einem Jahr wie diesem ist es wichtig, den Konsens zu suchen." Übersteigerte Aggressionen, nach denen man einander unversöhnlich gegenüberstehe, lehne er ab.

Hoffnungsfroh ist Brandstetter, dass auch in den Monaten bis zur Wahl noch einiges umgesetzt werden könnte. Beispielsweise ist derzeit das Sicherheitspaket in Begutachtung, die Verländerung der Wohnbauförderung ist sogar bereits dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Insofern sei er durchaus zuversichtlich: "Einiges schaffen wir noch." (APA, 13.7.2017)