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Das ist Roger Federer. Er spielt gut Tennis.

Foto: REUTERS/COULDRIDGE

London – Stan Wawrinka ist gleich zu Beginn ausgeschieden, danach folgten Rafael Nadal (Achtelfinale) sowie die angeschlagenen Andy Murray und Novak Djokovic im Viertelfinale: Der Weg beim dritten Tennis-Slam scheint frei für den letzten der Top 5. Superstar Roger Federer hat sich aber auch mit überzeugenden Leistungen eine ausgezeichnete Ausgangslage für seinen achten Wimbledon-Titel erspielt.

Auf dem Weg dazu muss sich der bald 36-jährige Schweizer zunächst am Freitag im Halbfinale noch mit dem Tschechen Tomas Berdych messen. Der Weltranglisten-15. hatte im Achtelfinale am Montag Dominic Thiem in fünf Sätzen niedergerungen und profitierte danach am Mittwoch von der Aufgabe des angeschlagenen Novak Djokovic. Federer hätte also durchaus auch Thiem gegenüberstehen können.

"Gewaltige Schläge"

Gegen Berdych hat Federer eine 18:6-Siegesbilanz. Die vergangenen sieben Duelle mit dem 31-jährigen Berdych hat der Eidgenosse gewonnen, darunter auch zweimal 2017 (3. Runde Australian Open und Viertelfinale Miami). Sollte sich Federer als klarer Favorit durchsetzen, dann spielt er am Sonntag an der Church Road um seinen schon insgesamt 19. Grand-Slam-Titel. Der Gegner wäre entweder der US-Amerikaner Sam Querrey oder der Kroate Marin Cilic. Gegen Querrey hat er alle drei bisherige Begegnungen gewonnen, gegen Cilic hat er eine 6:1-Bilanz.

"Ob ich nun der große Favorit bin oder nicht, hat nichts zu bedeuten. Die drei anderen werden ein Wort mitreden wollen beim Ausgang der Matches. Sie haben gewaltige Schläge, alle drei sind größer und kräftiger als ich", sagte Federer und erzählte ausführlich, wie er seine Pause nach dem Turniersieg in Miami Anfang April genutzt habe, dass er nur fünf Tage wirklich nichts gemacht habe.

Der Körper

Trotzdem hat sich die Turnierpause, der reduzierte Reisestress und der Verzicht auf die kräfteraubende Sandsaison für Federer voll ausgezahlt. Für die mittlerweile auch schon 30-jährigen Djokovic und Murray war Wimbledon hingegen vorzeitig vorüber, ihre Körper konnten nicht mehr. Und bei beiden Topstars war dies auch schon im Verlauf der Saison absehbar gewesen.

"Ich wünsche ihnen nur das Beste und dass sie wieder stark zurückkommen", sagte Federer. Für ihn sei die Pause zwar aufgegangen, aber: "Das heißt nicht, dass es bei jedem so sein muss. Aber vielleicht brauchen Körper und Geist manchmal eine Pause."

Nach dem Aus von vier der Top 5 sind die restlichen Wimbledon-Halbfinalisten unerwartet. Berdych war vor dem Match gegen Federer voll des Respekts für Federer. "Es hat in der Vergangenheit keinen besseren Spieler gegeben – für mich ist er der Größte. Es ist eine tolle Herausforderung, gegen ihn spielen zu dürfen", sagte Berdych, der 2010 sein bisher bestes Major-Resultat auch in Wimbledon hatte. Damals war er erst im Endspiel an Nadal gescheitert.

Überraschung Querrey

Erstmals für ein Grand-Slam-Halbfinale hat sich Sam Querrey qualifiziert. Der Aufschlag-Riese ist der erste US-Amerikaner in einem Major-Halbfinale seit Andy Roddick 2009, ebenfalls in Wimbledon. Querrey profitierte beim 3:6,6:4,6:7(4),6:1,6:1 über Murray klar auch von der Verletzung des Titelverteidigers. Der an der Hüfte angeschlagene Murray hatte sich über den Court geschleppt.

"Mir ist die Verletzung ein bisschen von Beginn weg aufgefalllen, aber ich bin einfach bei meinem Spiel geblieben", sagte Querrey, der vor einem Jahr mit Djokovic in Runde drei ebenfalls den Wimbledon-Titelverteidiger ausgeschaltet hatte.

Selbstbewusster Cilic

Sein Gegner am Freitag, Marin Cilic, steht ebenso erstmals im Wimbledon-Semifinale. Der US-Open-Sieger 2014 stoppte den Erfolgslauf des Luxemburgers Gilles Muller (u.a. Fünfsatz-Sieg über Nadal) ebenfalls mit einem Fünf-Satz-Sieg. Cilic war schon vor dem Turnier angeführt von Federer von vielen zu einem Mitfavoriten gestempelt worden. "Das hat mir noch ein bisschen mehr Selbstvertrauen gegeben", gestand Cilic. Er sieht sich in Sachen Routine ein bisschen im Vorteil gegenüber Querrey. "Sam war noch nie so weit bei einem Slam, das kann vielleicht etwas ausmachen", hofft Cilic vor dem Überraschungs-Major-Halbfinale.

Sollte Federer seinen zweiten Major-Titel in diesem Jahr tatsächlich holen, dann verbessert er sich im ATP-Ranking vom fünften auf den dritten Rang und verdrängt Djokovic auf Platz vier. Fix ist auch, dass sich Thiem um eine Position auf Platz 7 verbessert, weder Berdych noch Querrey könnten ihn selbst im Falle des Sensationstitels überholen. Im "Race" nach London bleibt Nadal in jedem Fall vor Federer in Front, Thiem bleibt Dritter – außer Cilic holt den Titel. (APA, 13.7.2017)