"Wir wollten eine fast vergessene Form des Theaters wieder etablieren", erklärt Géza Terner, Gründungsmitglied des elfköpfigen Ensembles des Theater im Wohnzimmer. Vor zehn Jahren in Wien gegründet, spielt es seither über die Stadtgrenze hinweg in Wohnungen, Geschäftslokalen, Firmen.

Zwei Formen solchen Theaters sind Terner historisch bekannt. Einerseits jenes aus aristokratischen und großbürgerlichen Salons, andererseits Aufführungen von verbotenen oder kritischen Stücken in repressiven Regimes.

Für Ersteres fehlte heute das Publikum, für Letzteres fehlt gottlob die politische Umgebung. Doch spricht das nicht gegen die Produktionen. Vier Stücke umfasst das Repertoire aktuell: "Kunst" und "Gott des Gemetzels" von Yasmina Reza sowie "Und abends Gäste" von Agnès Jaoui / Jean-Pierre Bacri. Eben dazugestoßen ist Urs Widmers "Top Dogs": eine kritisch-böse Wirtschaftssatire, in der Julija Ikodinovic und Christina Trefny darstellerische Feinstarbeit vollbringen.

Kündigung als Chance

Sie findet in einer elitären Arbeitsvermittlungsagentur statt. Top Dogs, der Titel, meint nicht schnöde Arbeitslose, sondern Führungspersönlichkeiten ohne Stellung. Dass jede Kündigung eine Chance ist, soll die Karrierefrau nun also lernen. Und dass man nie ausgelernt hat.

Sie wird also im Coaching geistig und körperlich zugerüstet für die potenziell neuen Ufer. Man könnte auch sagen: Sie wird gebrochen und neu geformt. Eine Übung dafür ist Kaffeekochen – ein auch handwerklich äußerst finessenreicher Scherz!

Eineinviertel Stunden dauert das Kammerspiel und lebt neben seinem wortwitzigen Pingpong von den beiden Darstellerinnen. Zu 100 Prozent einnahmenfinanziert, erfordert das viel Enthusiasmus der daneben in anderen Ensembles Spielenden.

Fehlen einer fixen Bühne

Der Fokus liege "auf einem sehr direkten Ton und zugleich auf einer großen räumlichen Flexibilität", meint Terner darauf, wie das Fehlen einer fixen Bühne sich auf eine Inszenierung auswirke. Dazu könne man "sehr nuanciert spielen, da es wenig Distanz zum Publikum gibt".

Den Anforderungen an den kleinen Rahmen entsprechend wurde das Figurenpersonal auch etwas gestrafft, hat man Rollen miteinander verschnitten. Das nimmt dem Stück aber nichts: nicht die Mordgelüste gegenüber dem Chef, die Unfähigkeit, sich ein Leben nach der Kündigung einzurichten, die Flucht u. a. ins Internet, das Ringen um Anerkennung. Bravo! (wurm, 13.7.2017)