Flüchtlingskinder beim spielerischen Deutschlernen mit einem interkulturellen Team an einer Schule in Simmering. Künftig dürfen außerordentliche Schüler auch das neunte Schuljahr wiederholen.

Foto: Standard/Urban

Wien – Der Beschluss der Bildungsreform drei Tage vor den Wiener Sommerferien sorgt für Unsicherheit an den Schulen. Mit dem Gesetz wird ab 1. September ermöglicht, dass auch außerordentliche Schüler – im Regelfall Flüchtlingskinder – das neunte Schuljahr freiwillig wiederholen können. Bisher war das nur für Schüler mit einem gültigen Zeugnis möglich. Die Betroffenen werden über die Details aber nur unzureichend informiert.

Am 28. Juni, dem Tag, an dem die Bildungsreform beschlossen wird, schreibt der Wiener Stadtschulrat an die Polytechnischen Schulen zum Thema: "Es gibt derzeit noch juristisch unterschiedliche Auffassungen, für welche Schüler/innen diese Gesetzesstelle Gültigkeit hat." Die Direktoren werden aufgefordert, die außerordentlichen Schüler in der letzten Ferienwoche Ende August noch einmal in die Schule zu bestellen. Dann sei die rechtliche Lage hoffentlich geklärt.

"Da sind sie wieder nur unter sich"

Eine unbefriedigende Situation für die Schulen. "Es ist bis jetzt nicht gesichert, wie es für unsere Jugendlichen weitergeht", sagt eine Wiener Lehrerin, die anonym bleiben möchte, im Gespräch mit dem STANDARD. An ihrem Poly sind 30 Jugendliche betroffen. "Im schlimmsten Fall müssen wir ihnen sagen: Dann müsst ihr halt zu Hause bleiben. Das kann bei 15-Jährigen nicht sein." Schließlich sei der Schulbesuch auch für die Integration sehr wichtig.

Es gebe zwar "Brückenklassen" für jugendliche Flüchtlinge, dort gebe es aber keine Plätze mehr. Und: "Da sind sie wieder nur unter sich."

550 Betroffene Flüchtlingskinder

Abgesehen von den unsicheren Zukunftsperspektiven für die Jugendlichen weiß die Schulleiterin noch nicht, ob sie im Herbst eine zusätzliche Klasse eröffnen muss oder nicht. Dann würde sie aber auch mehr Lehrpersonal benötigen.

Patrick Wolf vom Wiener Stadtschulrat beruhigt. "Es schaut so aus, als würde das gehen", sagt der Bezirksschulinspektor zur Frage, ob die Flüchtlinge nun noch ein Jahr an der Schule bleiben können. Ein Problem sei, dass das Gesetz zwar beschlossen, aber noch nicht verlautbart sei. Man sei um eine rechtliche Klärung bemüht. Insgesamt handle es sich aber um eine "überschaubare" Zahl an Schülern. 550 Jugendliche hätten die Möglichkeit, sich für ein weiteres Schuljahr zu entscheiden, Wien hat insgesamt rund 220.000 Schüler.

Aus dem Bildungsministerium heißt es zum STANDARD, dass man sich um weitreichende Information bemühe, gesteht aber auch ein, dass die Kommunikation über den Sommer schwierig sei. Die Flüchtlingsbeauftragte Terezija Stoisits sei aber dahinter. Den Wiener Stadtschulrat habe man aber eigentlich über die Neuregelung informiert.

Für Neos-Gemeinderat Christoph Wiederkehr ist die Situation jedenfalls nicht tolerierbar. "Es ist verantwortungslos, die Schulen über den Sommer in der Schwebe zu halten." Er fordert den Stadtschulrat dazu auf, schnellstmöglich eine Übereinkunft mit dem Ministerium zu finden oder eine Ausnahmeregelung einzuführen. (Lisa Kogelnik, 14.7.2017)