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Die Geschäfte von B. liefen unter anderem über den in den Britischen Jungferninseln ansässigen Manhattan Investment Fund, einer Tochter des Manhattan Capital Management Fonds.

Foto: AP/Todd Vansickle

Wien – Ein Hedgefonds in den 1990er-Jahren, 400 Millionen US-Dollar Schaden, ein Platz auf der Most-Wanted-Liste des FBIs, ein Versteckspiel und schließlich die Verhaftung in Oberösterreich: Der Fall Michael B. klingt nach dem Drehbuch eines Hollywoodfilms. Am Freitag ging das Verfahren gegen den Salzburger am Wiener Straflandesgericht in die nächste Runde. Dem früheren Investmentbanker wird Untreue und gewerbsmäßig schwerer Betrug vorgeworfen, es gilt die Unschuldsvermutung. Der Prozess ist langwierig – immerhin liegt der Tatbestand über 20 Jahre zurück.

Von Salzburg nach New York

Die Geschichte von B. beginnt in Salzburg, wo er nach einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium bei der Sparkasse arbeitete. Doch B. hatte größere Pläne: Er hängte, damals 22-jährig, seinen Job an den Nagel und zog 1993 nach New York. Dort begann er im Investmentbereich zu arbeiten. Zwei Jahre später gründete B. den Hedgefonds Manhattan Investment Fund auf den Britischen Jungferninseln sowie Manhattan Capital Management in Delaware.

Nach Aussagen der am Freitag geladenen Zeugen, die mit B. in den 1990er-Jahren geschäftlich verkehrten, galt B. als junger, fleißiger Mann – mit großen Ambitionen: "Er wollte auf dem Cover des 'Wall Street Journal' landen", sagte einer der Zeugen am Freitag. Er arbeitete mit einem – damals noch recht neuen – Prognosenprogramm. Um seine Investmentstrategie hätte er ein großes Geheimnis gemacht und hatte "Paranoia" vor großen Firmen, die sein System abkupfern könnten, erinnerte sich ein Zeuge.

In Zeiten der Dotcom-Blase

B. spekulierte in den 1990er-Jahren gegen Internet- und Technologiewerte und damit auf das Platzen der Internetblase. "Zu früh", wie ein Zeuge kommentierte. B. ging davon aus, dass die Aktien fallen würden, was sie jedoch nicht taten. Unter den Anlegern befanden sich auch österreichische Banken wie die Bank Austria, die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, die Bawag und die Erste Bank. Die Bawag soll rund drei Millionen US-Dollar über eine Tochter an B. überwiesen haben, die Bank Austria soll 20 Millionen Euro in den Fonds investiert haben.

B. soll Investoren gegenüber falsche Performancezahlen angegeben haben – so die Anklage – und Verluste verheimlicht haben. Bei 259 Anlegern soll ein Schaden in der Höhe von rund 400 Millionen Dollar entstanden sein.

Am Freitag nahmen einige ehemalige Bank-Austria-Mitarbeiter als Zeugen Stellung. Zu ihnen zählte R., der auch ein "Non-executive"-Direktor des Fonds war. Von der schlechten Performance des Fonds will R. nichts gewusst haben, er hätte lediglich eine Beobachterrolle ohne Rechte und Pflichten gehabt. R. konnte sich vor Gericht an einen Brief von Deloitte erinnern, die ihren Bestätigungsvermerk zurückziehen wollten: "Da wusste ich, dass etwas dramatisch schief läuft", sagte der Zeuge. Die Bank Austria brachte wegen "falscher und betrügerischer Angaben" Klage gegen B. ein. Dass ein Hedgefonds-Manager gar nicht über die Werte seiner Anlagen Bescheid wüsste, bezweifelte einer der Zeugen.

Klage in den USA

Nachdem der Hedgefonds 2000 kollabierte, wurde auch von US-Behörden Anklage gegen B. wegen Wertpapierbetrugs erhoben. Der damals 28-jährige Salzburger ließ sich mit der zuständigen Bundesstaatsanwaltschaft auf einen Deal ein, um das Strafmaß zu mildern. Noch bevor der genaue Strafrahmen verkündet wurde, tauchte B. jedoch unter. In seiner Abwesenheit wurde er zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Flucht vor der Justiz landete B. außerdem auf der Most-Wanted-Liste des FBIs.

Sieben Jahre vergingen, bis B. auf der Westautobahn bei Seewalchen am 9. Juli 2007 festgenommen wurde. Als österreichischer Staatsbürger kam eine Auslieferung an die USA nicht infrage, B. landete in Untersuchungshaft in der Josefstadt. Diese verließ er aufgrund des gesetzlichen Rahmens nach 21 Monaten. Der Prozess hatte sich während seiner Haft immer wieder verzögert, unter anderem, weil die beauftragte Gutachterin wegen Interessenkonflikten abgezogen wurde.

Dann wurde es einige Jahre lang ruhig um den Ex-Fondsmanager. B. zog laut seinem Anwalt 2009 wieder zurück nach Salzburg, wo er heute noch leben und arbeiten soll. Laut Richterin Caroline Csarmann wurden seither "einige Gutachten erstellt". Im Mai 2017 startete ein nächster Versuch, die Zwanzig-Jahres-Causa zu lösen. Für Herbst ist noch ein weiterer Verhandlungstag angesetzt. (Nora Laufer, 15.7.2017)