Madrid/Barcelona – Regierungskrise in Katalonien: Weniger als drei Monate vor dem geplanten Referendum über die Unabhängigkeit des 7,5-Millionen-Einwohner-Staatsteils in Nordostspanien sind drei wichtige Mitglieder der Regionalregierung zurückgetreten.

Die Minister für Inneres und Bildung, Jordi Jane und Meritxell Ruiz, sowie Regierungssprecherin Neus Munte hätten ihren Hut genommen, teilte die Regierung am Freitag mit, ohne nähere Gründe zu nennen. Alle drei waren mit der Organisation des Referendums befasst, das die Zentralregierung in Madrid um jeden Preis verhindern will.

Jordi Turull, ein Mitglied der konservativen pro-Unabhängigkeits-Partei PDeCat, wird die Rolle des neuen Regierungssprechers einnehmen. Er ist ein Loyaler des katalonischen Präsidenten Carles Puigdemonts.

Vor wenigen Tagen weigerte sich die Nummer zwei der Regierung, Oriol Junqueras, die Organisation des Referendums zu übernehmen. Vielmehr verlangte er, dass die gesamte Regierung die Verantwortung für das heikle Unterfangen übernehmen solle

Erst zu Monatsbeginn musste der Wirtschaftsminister Kataloniens zurücktreten, nachdem er Zweifel an der Durchführbarkeit der Abstimmung äußerte: "Der Staat hat so viel Macht, dass wir das Referendum wahrscheinlich nicht organisieren werden können."

Puigdemont versicherte, die Unabhängigkeit Kataloniens zu gewährleisten, falls das Referendum positiv ausfällt, selbst wenn der spanische Verfassungsgerichtshof dies für nicht legal erwägt. Im Falle einer "Niederlage" werde er die Konsequenzen tragen und neue Regionalwahlen ankündigen. Außerdem sehe niemand ein "wie ein demokratischer Staat den Willen von Millionen von Bürgern, die abstimmen wollen, verhindern kann."

Die Regionalregierung hat noch keine Firma mit der Lieferung der Wahlurnen beauftragt. Im Prinzip gibt es noch kein Wählerverzeichnis.

Die Bedrohung durch die Zentralregierung gegenüber den Organisatoren der Abstimmung und den für ihre Durchführung zuständigen Unternehmen hat sich vervielfacht. Über ihnen hängt jetzt das Damoklesschwert in Form von Strafverfolgungen, Verboten öffentlicher Funktionen und sogar hohen Geldstrafen.

Die konservative Zentralregierung in Madrid unter Ministerpräsident Mariano Rajoy versucht seit jeher einen Volksentscheid in Katalonien zu verhindern und droht mit rechtlichen Konsequenzen. 2014 hatte das spanische Verfassungsgericht ein rechtlich bindendes Referendum über Kataloniens Unabhängigkeit untersagt. Die Richter argumentierten, dabei solle über eine Frage abgestimmt werden, welche die Einheit des Landes betreffe – und dafür sei die Regionalregierung nicht zuständig.

Im reichen Katalonien gibt es seit Jahren Bestrebungen, unabhängig vom Rest Spaniens zu werden. Eine Umfrage sieht die Gegner einer Unabhängigkeit derzeit mit 48,5 Prozent vor den Befürwortern (44,3 Prozent). Mehr als 70 Prozent wollen jedoch das Referendum abhalten, um die Frage ein für alle Mal zu klären.

In Spanien ist neben den Unabhängigkeitsbefürwortern nur die linksradikale Partei Podemos für die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien, selbst wenn sie nicht für die Unabhängigkeit dieser reichen Region ist, die zu etwa 20 Prozent des spanischen BIPs beiträgt und die über eine eigene Sprache und Kultur verfügt.

Angesichts der Unabhängigkeitsbestrebungen der Region seit Beginn der 2010er-Jahren wünscht sich die sozialistische Partei ihrerseits eine Verfassungsreform, die der Region mehr Kompetenzen verleihen soll.

In Spanien verfügen die 17 Regionen bereits über eine ziemlich große Autonomie, allerdings ist diese unterschiedlich. So haben das Baskenland und Navarra die Möglichkeit, direkt Steuern einzunehmen, während dies in Katalonien nicht der Fall ist. (APA, 14.7.2017)