Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter sieht in der Liste Kurz noch "sehr viel ÖVP".

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Innsbruck – Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bevorzugt nach der Nationalratswahl am 15. Oktober auf Bundesebene eine Zweierkoalition. Denn mit einer Dreierkoalition könne nicht genauso schnell und effizient regiert werden, sagt er im Sommerinterview mit der APA. Gleichzeitig warnt er vor einer rot-blauen Koalition, die derzeit "ganz klar in Vorbereitung" sei. "Sonst hätte man keinen Kriterienkatalog verfassen müssen, um von der Vranitzky-Doktrin wegzukommen."

Das ganze Prozedere der SPÖ in den vergangenen Monaten habe lediglich dazu gedient, eine Koalition mit der FPÖ zu ermöglichen, meint Platter. Und eine solche sei auch beabsichtigt: "Ich warne aber davor, eine derartige Zusammenarbeit im hinteren Kämmerlein zu konstruieren." Schließlich seien zuerst die Wähler am Wort, und entscheidend sei, was diese wollen.

Neuwahl "richtiger Schritt"

Die vorgezogene Neuwahl sei jedenfalls der "einzig richtige Schritt" gewesen, und er sei dem neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz "sehr dankbar" dafür, die Entscheidung getroffen zu haben. Denn das Bild, das die Koalition zuletzt abgegeben habe, lehne die Bevölkerung klar ab. Trotzdem dürfe man eine Zusammenarbeit mit der SPÖ nach der Wahl nicht im Vorhinein ausschließen: "Das halte ich für falsch, und ich bleibe dabei, dass alle Optionen offenbleiben müssen."

In der "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" stecke "noch sehr viel ÖVP drinnen", meint Platter. Die "maßgeblichen Entscheider" seien "stark eingebunden und federführend tätig". Man müsse aber erkennen, dass sich die Bevölkerung weniger mit Parteien und mehr mit Personen beschäftige. Daher sei der Schritt der Volkspartei eine "absolut offensive Ansage" gewesen. Entscheidend seien nämlich die Vorzugsstimmen, die ein Kandidat erhalte, und nicht der Listenplatz. Kurz, dem er ausreichend Gespür für Länderanliegen diagnostiziert, ist für Platter die "Idealbesetzung".

Abschaffung des Pflegeregresses

Zur Abschaffung des Pflegeregresses stehe er "voll und ganz", denn das sei eine Maßnahme, "die der Bevölkerung zugutekommt". Dass sie ohne Einbindung der Länder, in deren Kompetenzbereich der Pflegeregress fällt, geschehen sei, störe ihn in diesem Fall nicht, denn schließlich herrsche bei diesem Thema "dem Grunde nach Einverständnis". Künftig brauche es aber eine Diskussion, wenn mit Verfassungsbestimmungen die Kompetenzfrage der Länder ausgehebelt werde.

Vor den verbleibenden Plenarsitzungen vor der Nationalratswahl warnt Platter, weitere Wahlgeschenke zu machen. Denn die im Jahr 2008 verteilten Wahlzuckerln würde die Steuerzahler immer noch mehrere Milliarden Euro jährlich kosten. "Wahlgeschenke muss die Bevölkerung selbst bezahlen, denn das Geld fällt ja nicht vom Himmel." Außerdem sei für die Wahl nicht entscheidend, wer mehr Geschenke verteilt, sondern wem die Wähler zutrauen, das Land zu führen.

Tirols Landeshauptmann rührt für Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Werbetrommel. Dieser habe seine "vollste Unterstützung", sagt Platter auf die Frage, ob Rupprechter bei einer schwarzen Regierungsbeteiligung erneut als Landwirtschaftsminister an Bord sein sollte. "Er ist ein Profi, der seine Arbeit sehr gut macht." Es sei es durchaus legitim, dass Minister, die Freude an ihrer Tätigkeit sowie die nötige Kraft und Energie haben, den Wunsch bekunden, ihre Arbeit fortzusetzen.

Zwei Wahlen in Tirol

Trotz der Tatsache, dass innerhalb weniger Monate zwei Wahlen in Tirol geschlagen werden müssen (am 25. Februar 2018 steht die Landtagswahl an), sieht Platter kein Mobilisierungsproblem unter den ÖVP-Funktionären. "Natürlich werden wir Sebastian Kurz massiv unterstützen." Dass sich danach im Landtagswahlkampf Ermüdung breitmachen könnte, fürchtet er nicht: "Landtagswahlen haben andere Gesetze, und die Bevölkerung hat einen ganz anderen Kontakt zum Landeshauptmann." Außerdem wisse jeder Funktionär, worum es gehe.

Über Umfragewerte und Koalitionsvarianten nach der Landtagswahl mache er sich derzeit keine Gedanken, denn 2017 sei ein "Arbeitsjahr". Unter anderem stehe noch die Olympiabefragung über eine Ausrichtung der Spiele 2026 auf dem Programm, aber auch andere Themen wie Verkehr, Wohnen, Arbeit und die Umsetzung der Bildungsreform.

Keine Streitigkeiten mit Grün

Dass Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe nun auch grüne Bundessprecherin ist, schlage sich bisher in keiner Weise auf die Zusammenarbeit in der Landesregierung nieder. Überhaupt sei die schwarz-grüne Koalition von Vertrauen und Verlässlichkeit geprägt, so Platter: "Ich kann mich auf den Regierungspartner verlassen." Es gebe keinen Streit, die Sacharbeit stehe im Vordergrund.

Das bestimmende Thema im Tiroler Wahlkampf werde die Sicherheitsfrage im Zusammenhang mit der illegalen Migration sein. Hier gebe es keine Alternative zu Grenzkontrollen am Brenner, "sollte Italien mit dem Durchwinken beginnen". Diesbezüglich sei er in enger Abstimmung mit Außenminister Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Zu 90 Prozent seien die in Italien ankommenden Migranten Wirtschaftsflüchtlinge. Europa könne aber nicht alle aufnehmen, die sich ein besseres Leben erhofften. Vielmehr brauche es das Schließen der Mittelmeerroute und Asylzentren in Afrika. (APA, red, 16.7.2017)