Für viele Männer noch immer ein Problem: eine Frau, die ein Videogame spielt.

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Sichtlich angeschlagen ist Laura M.* (26) nach knapp drei Wochen massiver sexistischer Attacken, Beleidigungen und Drohungen. "Ich habe einige Kilo verloren, Angstzustände und Schlafstörungen", sagt sie zum WebStandard. Es ist das erste Gespräch, das sie unter der Bedingung, anonym zu bleiben, der Auslandspresse gewährt. Nach wie vor präsent hat sie die Morddrohungen der #Gamergate-Kontroverse gegen die feministische Medientheoretikern Anita Sarkeesian, die gegen sexistische Stereotype in Videospielen Kritik zu äußern wagte.

"Will keine globale Welle an Beleidigungen"

"Mit den Attacken aus Spanien habe ich mehr als genug. Ich will keine globale Welle an Beleidigungen und Drohungen in meiner Twitter-Timeline", sagt M. Sie ist Mitorganisatorin der zweiten Auflage von "Gaming Ladies" – einem ausschließlich für Frauen geplanten Event, der am 27. Juli in Barcelona stattfinden hätte sollen. Doch es scheint, als seien exklusive Gamerinnen-Treffen in Spanien – anders als etwa in Deutschland und den USA – einem Teil der videospielaffinen Männer ein Dorn im Auge. M. sieht dahinter zwei Dinge liegen: "Spanien ist rückständiger, gekoppelt an einen nach wie vor weitverbreiteten Machismo." Zudem habe die von Männern dominierte Videospielindustrie selbst Mitschuld, indem sie sexistische Stereotype bewirbt.

Sicherheit der Teilnehmerinnen

"Der Event wurde abgesagt, weil die Sicherheit der Teilnehmerinnen nicht garantiert werden konnte", sagt M. Zu heiß war die Causa, auch für einen der Partner des Events, King, Macher von "Candy Crush Saga", der seine Büros in der katalanischen Hauptstadt für die Gaming-Ladies bereitstellen wollte. Die einst schwedische Software-Schmiede zeige sich bei gesellschaftlichen Themen wie Frauenrechte und LGBT-Bewegung aktiv, sagt M., was die Kooperation in die Wege leitete.

Gegen den Gamerinnen-Event und M. persönlich mobilisierte sich auf Twitter und in Foren prompt ein wütender Mob gekränkter Männer, die sich "ausgeschlossen fühlten". Und mit machistischen Kommentaren von grenzwertig bis hin zu tätlichen Drohungen von strafrechtlicher Relevanz allesamt vor Sexismus schäumten. Auf dem Portal forocoches.com startete der User Edgar16v einen Aufruf, den Event zu trollen und "sich als Frauen zu verkleiden", um ebendiesen zu crashen: "Dafür braucht es Kleidung, Make-up und Eier."

Verhandlungen laufen

Geschlagen gab sich M. allerdings nicht – sie konnte einen anderen Veranstaltungsort in Barcelona finden, wie @Gaming_Ladies_ am Montag auf Twitter bekanntgab.

Parallel startete M. einen Tumblr-Blog, in dem Gamerinnen sexistische Postings öffentlich machen können, "A fregar" (Geh abwaschen). Dieser gibt einen Einblick in das, was Videospielerinnen ertragen müssen, wenn sie ihrem Hobby nachgehen. Ein unter Spaniens "Macho"-Gamern beliebtes Schimpfwort, um Frauen im Online-Gaming zu beleidigen, ist "Chupamandos", was so viel wie "Controller-Lutscherin" bedeutet.

Einhergehend wird, wer für Feminismus eintritt, in der Sozialnetzwerkwelt, aber auch in der realen als "Femi-Nazi" bezeichnet – so auch M. Anzeige hat sie bislang noch nicht erstattet, primär weil sie es nicht schafft, alle Kommentare in ihrer Timeline zu lesen. Ihren Twitter-Account hat sie für ein paar Tage gesperrt, Instagram-User, die ihr folgen wollen, selektiert sie fortan im Voraus.

"Große Nachfrage nach exklusiven Events für Frauen"

Abseits der weitreichenden Debatte, die die "Gaming-Ladies" ausgelöst haben und mit der das Thema ins Bewusstsein rückt, ist M. vor allem über eines erfreut: "Es gibt große Nachfrage nach exklusiven Events wie diesem, wo wir Frauen einfach spielen können, ohne dass man uns belästigt, anmacht oder beleidigt." Mehr als 80 Anmeldungen hatte M. für die Veranstaltung binnen 48 Stunden gezählt. "Bei der Erstauflage im Vorjahr, die wir mehr oder weniger geheim gehalten haben, waren wir nur sieben."

M. ist überzeugt, dass "wir Gamerinnen exklusive Events brauchen". Denn bei gemischten Gamer-Treffen zeige sich stets eines: "Nämlich dass wir Frauen so gut wir gar nicht präsent sind." (Jan Marot aus Barcelona, 18.7.2017)

* Name von der Redaktion geändert