Schweden um Torfrau Hedvig Lindahl hält gegen Titelverteidiger Deutschland das 0:0.

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Breda – Tag zwei bei der Fußball-Europameisterschaft offerierte bereits den ersten ganz großen Schlager. Titelverteidiger Deutschland empfing in Breda den historisch ersten Kontinentalchampion: Die Schwedinnen hatten anno 1984 triumphiert. Die Ausgangslage vor der Begegnung der Gruppe B stellte sich trotzdem eindeutig dar, alles andere als ein deutscher Sieg wäre ohne Wenn und Aber als veritable Überraschung zu werten.

Zu dominant nämlich steht der deutsche Frauenfußball im internationalen Vergleich da – und das schon seit Jahren. Einige Kennzahlen: Die DFB-Elf holte die letzten sechs EM-Titel in Serie (insgesamt acht), hat seit 1995 alle Pflichtspiele gegen die Schwedinnen gewonnen. In einer kumulierten EM-Tabelle weist Deutschland 83 Punkte auf, das sind beinahe doppelt so viele wie bei den nachfolgenden Norwegerinnen (49) und Schwedinnen (46).

Eingespielt vs. neuformiert

Letztere mussten gegen den großen Gegner zuletzt bittere Erfahrungen machen. Erst schoss Deutschland den Endrundengastgeber von 2013 im Halbfinale aus dem Heimturnier (0:1), im olympischen Finale von Rio 2016 zog Schweden mit 1:2 den Kürzeren. Es war also nicht mehr als die reine Selbstverständlichkeit, dass die neue deutsche Teamchefin Steffi Jones bei ihrem ersten großen Turnier ein höchst selbstbewusstes Team an den Start brachte.

Dass namhafte Spielerinnen wie Saskia Bartusiak, Melanie Behringer und Alexandra Popp wegen Verletzung oder Rücktritt nicht zur Verfügung standen, wurde nicht der Rede wert befunden. Schweden, zum letzten Mal unter der Leitung der legendären Trainerin Pia Sundhage, stellte somit die deutlich routiniertere Equipe (gesamt 1.111 Länderspiele). Darauf und auf womöglich auf deutscher Seite (528 Länderspiele) noch nicht so fugenlos ineinandergreifende Automatismen gründeten sich die Hoffnungen der Skandinavierinnen.

Schweden mit besserem Start

Und sie kamen im mit 9.500 Zuschauern ganz gut gefüllten Rat-Verlegh-Stadion auch zur ersten Chance. Verteidigerin Linda Sembrant brachte nach einem von mehreren Cornern einen Kopfball an, verfehlte aber das Ziel. Bei den Eckbällen packten die Schwedinnen rätselhafte Varianten aus, formierten sich im Strafraum wahlweise in Kreise und Reihen von vier bis fünf Spielerinnen. All das wirkte besonders angesichts völliger Effektlosigkeit durchaus überkandidelt.

Nach etwa zehn Minuten fand Deutschland besser in die Partie, welche sich in der Folge so ausgeglichen wie lebendig entwickelte. Schwedens manchmal fahrig wirkende Keeperin Hedvig Lindahl rettete einmal gedankenschnell vor Anja Mittag, ansonsten herrschte vor den Toren relative Ruhe. Und das Niveau hielt nicht, was es versprach. Nachdem beide Seiten des Gegenübers Schnittstellen mehrfach vergeblich gesucht hatten, gingen die spielerischen Linien zunehmend flöten. Fehler schlichen sich ein. Immerhin gelang es den Schwedinnen für den Rest der ersten Halbzeit, Deutschland ein ordentlich verdichtetes Zentrum entgegenzustellen. Viel passierte nicht mehr.

Titelverteidiger konsolidiert sich

In die zweite Halbzeit startete Schweden gemäßigter, hatte im Gegenteil Glück, dass die am langen Eck postierte Carolin Simon ein raumgreifendes Zuspiel von Anna Blässe nur knapp verpasste (48.). Kurz darauf knallte sich Jessica Samuelsson beim Versuch der Klärung den Ball im Strafraum an den eigenen Arm. Die Pfeife der Schiedsrichterin blieb stumm. Eine Gelegenheit zum Gegenstoß vertrabte die schwedische Taktgeberin Caroline Seger fahrlässig. Insgesamt aber hatte Deutschland nun mehr von einem Spiel, das nach einer Stunde wieder deutlich Fahrt aufnahm.

Es wurde jetzt gar richtig unterhaltsam. Die eingewechselte Mandy Islacker lenkte eine scharfe Hereingabe Simons nur um einen Hauch an der Stange vorbei (48.). Deutschland trieb die Passsicherheit nach oben, Kapitänin Dzsenifer Marozsán bekam mehr Platz und nutzte diesen auch für cleveres Ballverteilen.

Islacker mit dem Sieg am Fuß

Die Schwedinnen standen zwar zunehmend tief, inszenierten aber doch den ein oder anderen gefährlichen Ausfall. Die ebenfalls eingetauschte Stina Blackstenius wurde in diesem Fach besonders auffällig und zwang Torfrau Almuth Schult zu einer Fußparade (71.). Die beste Chance aber fand Islacker vor, bei der Direktabnahme der Stürmerin von Bayern München aus kurzer Distanz reagierte Lindahl sensationell, drehte den Ball über die Latte (81.).

So blieb es am Ende dieses ersten Abklopfens zweier Favoriten beim torlosen Remis, dem ersten zwischen diesen beiden traditionsreichen Fraußenfußball-Nationen überhaupt. Durchaus möglich, dass man sich im Finale wiedersieht. (Michael Robausch, 17.7. 2017)

EM-Vorrunde, Gruppe B, Montag

Deutschland – Schweden 0:0
Breda, 9.500 Zuschauer, SR Katalin Kulcsar (Ungarn)

Deutschland: Schult – Blässe (73. Maier), Peter, Henning, Simon – Demann – Magull, Däbritz – Maroszan – Huth (39. Islacker), Mittag (65.) – Trainerin: Jones

Schweden: Lindahl – Samuelsson, Fischer, Sembrant, Andersson (87. Eriksson) – Asllani, Dahlkvist, Seger, Schough (55. Rubensson) – Rolfö (56. Blackstenius), Schelin. – Trainerin: Sundhage