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Politiker, Journalisten und Zivilgesellschaft in Deutschland fordern die Freilassung Deniz Yücels.

Foto: Reuters / FABIAN BIMMER

Straßburg/Berlin/Ankara – Die deutsche Regierung wird im Verfahren um den inhaftierten Türkei-Korrespondenten der Zeitung "Die Welt", Deniz Yücel, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Stellung beziehen. Das bestätigte das deutsche Justizministerium am Montag nach Zustimmung des Bundeskanzleramts und des Auswärtigen Amts, berichtete "Die Welt" vom Dienstag.

"Wir werden nichts unversucht lassen, um uns für ein rechtsstaatliches Verfahren für Deniz Yücel einzusetzen", sagte Justizminister Heiko Maas (SPD) der "Welt". "Deswegen werden wir auch im Verfahren vor dem EGMR eine Stellungnahme abgeben und darin unsere Position sehr deutlich machen."

Yücel hat vor dem EGMR Beschwerde gegen seine Behandlung durch die türkische Justiz eingereicht hat, die seiner Auffassung nach gegen die europäische Menschenrechtskommission verstößt.

Selten eingesetztes Mittel

Von der Möglichkeit zu Stellungnahmen in Verfahren vor dem EGMR machen Regierungen nur selten Gebrauch. Deutschland tat das der "Welt" zufolge zuletzt im Fall des seit 1986 in den USA wegen Mordes einsitzenden Deutschen Jens Söring.

Die Türkei wirft dem seit Mitte Februar in Istanbul inhaftierten Yücel vor, mit seinen Texten in der "Welt" "Terrorpropaganda" verbreitet und zur "Aufwiegelung der Bevölkerung" beigetragen zu haben. Dass er deswegen in Einzelhaft gehalten wird, verstößt laut Yücels Beschwerde gegen verschiedene Artikel der europäischen Konvention für Menschenrechte.

Altmaier: "Entspricht nicht rechtsstaatlichem Verfahren"

Der EGMR, der keine Einrichtung der EU ist, hat der türkischen Regierung den Fall Yücel inzwischen zur Stellungnahme zugeleitet. Maas verlangt von der türkischen Justiz, eine Anklageschrift zu präsentieren, die bis heute nicht vorliegt. "Bislang haben wir nur Vorverurteilungen gehört, die versuchen, Deniz Yücel pauschal als Terroristen zu diffamieren", sagte Maas der "Welt". Er forderte zudem eine Aufhebung der Einzelhaft.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) drängt ebenfalls auf ein baldiges rechtsstaatliches Verfahren. "Seit 155 Tagen sitzt Deniz Yücel in Haft, seit 140 Tagen in Isolationshaft. Bis zum heutigen Tag ist ihm keine Anklageschrift vorgelegt worden. Dieses Vorgehen entspricht in keiner Weise einem rechtsstaatlichen Verfahren. Aus diesem Grund wird die Bundesregierung mit einer Stellungnahme die Klage des Anwalts von Deniz Yücel beim EGMR unterstützen", sagte Altmaier. (APA, AFP, 18.7.2017)