Berlin – Knapp ein Drittel der deutschen Firmen findet keine geeigneten Bewerber für seine Lehrstellen. "Heute können doppelt so viele Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen wie vor zehn Jahren", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, am Dienstag zu einer Umfrage unter knapp 11.000 Unternehmen. "Uns geht der Nachwuchs aus."

Insgesamt bekomme jeder vierte Betrieb mit unbesetzten Ausbildungsstellen überhaupt keine Bewerbung. Der Fachkräftemangel sei bereits für jede zweite Firma ein Geschäftsrisiko. Deshalb bemühen sich immer mehr Unternehmen um Studienabbrecher (42 Prozent), lernschwächere Jugendliche (80 Prozent) und Flüchtlinge (sieben Prozent).

Im vergangenen Jahr begannen laut einer Studie des DIHK rund 60.000 Bachelor-Studierende und damit 43 Prozent aller Abbrecher in den ersten sechs Monaten nach der Exmatrikulation eine Fachausbildung – 2008 lag die Quote bei 22 Prozent. "Der ungebrochene Run auf die Hochschulen schlägt sich leider auch in immer mehr Studienabbrechern nieder: Jährlich verlassen hochgerechnet rund 140.000 Studierende die Hochschulen ohne Abschluss", so Schweitzer am Dienstag in den "Ruhr Nachrichten".

Ihn stimme optimistisch, dass sich gut 60.000 junge Menschen aus dieser Gruppe für eine Karriere in der beruflichen Bildung entschieden. "Hier können die jungen Leute dann – bei ausgezeichneten Beschäftigungsperspektiven – richtig durchstarten."

Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) weiter mitteilte, befinden sich derzeit knapp 15.000 junge Flüchtlinge in einer IHK-Ausbildung. Knackpunkt für den Einstieg seien gute Deutsch-Kenntnisse. Sprachprobleme bereiteten manchen Flüchtlingen aber in der Berufsschule Schwierigkeiten. "Gerade das führt dann oft zum Abbruch der Ausbildung", so Schweitzer. Der DIHK fordert mehr Unterstützung von der Politik. Bereits an den allgemeinen Schulen müsse die Berufsorientierung verbessert werden. Zudem sollten Berufsschulen und Lehrer fitgemacht werden für die Digitalisierung. (APA, Reuters, 18.7.2017)