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Patrick Bateman, die Hauptfigur des Thrillers "American Psycho" von Bret Easton Ellis – in der Verfilmung verkörpert von Christian Bale -, stellt einen prototypischen Psychopathen dar. Viele reale Unternehmenspsychopathen schaffen es allerdings, ihre "dunklen" Charakterzüge zu verbergen.

Foto: APA/EPA/Toshifumi Kitamura

Kaiserslautern – Personen mit psychopathischen Charakterzügen müssen nicht unbedingt durch physische oder psychische Gewalt auffallen. Besetzen derartige Menschen in Unternehmen etwa höhere Positionen, kann sich ihre antisoziale Persönlichkeitsstörung auch in Form von wirtschaftskriminellen Handlungen äußern, wie nun Forscher der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern nachgewiesen haben.

Konkret haben die Wissenschafter untersucht, wie hoch die Bereitschaft ist, Bilanzen zu manipulieren und Insiderhandel zu betreiben. Vor allem Charaktereigenschaften wie Kaltherzigkeit und hochgradiger, manipulativer Egoismus spielen eine Rolle. Darüber hinaus stellten die Forscher Überlegungen an, wie man solche Personen früh erkennt.

Ausgangspunkt für die Studie im "Journal of Business Economics" ist das Phänomen der "Psychopathen in Nadelstreifen". "Das sind Menschen, die durchaus individuell erfolgreich und vielfach in leitenden Positionen in Unternehmen arbeiten, allerdings hochgradig egoistisch, skrupellos, manipulativ und empathielos agieren", sagt Hauptautor Volker Lingnau. "Diese interessieren uns besonders, da wir annehmen, dass sie Unternehmen nachhaltig schädigen können."

Es sei aber wichtig, diese Ausprägung der Psychopathie vom Alltagsverständnis über Psychopathen zu differenzieren. Wie dies etwa im Thriller "American Psycho" von Bret Easton Ellis der Fall ist, in dem die Hauptfigur Patrick Bateman durch brutale körperliche Gewalt auffällig wird und mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Dagegen können Unternehmenspsychopathen – auch "erfolgreiche" oder in Anlehnung an den kanadischen Kriminalpsychologen Robert D. Hare "Faktor 1-Psychopathen" genannt – ihre "dunklen" Charakterzüge mittels hoher Intelligenz meist gut verbergen.

Gefahr für Wirtschaft und Gesellschaft

"Unternehmensskandale, wie beispielsweise beim 2001 durch massiven Bilanzbetrug insolvent gegangenen amerikanischen Energieriesen Enron, zeigen, dass Unternehmenspsychopathen durch ihre Fähigkeit, ohne Gewissensbisse zu lügen und zu manipulieren, für Wirtschaft und Gesellschaft eine existenzielle Gefahr darstellen können", so Lingnau.

Die Wirtschaftswissenschafter haben sich daher mit der Frage beschäftigt, inwiefern Persönlichkeiten mit den Charaktermerkmalen eines Unternehmenspsychopathen eher bereit sind, Bilanzmanipulationen und Insiderhandel zu akzeptieren – zwei der klassischen Formen der Wirtschaftskriminalität, die wie bei Enron, oft auch zusammen auftreten.

Für ihre Studie haben sie zwei Online-Umfragen durchgeführt, an welcher sich insgesamt 469 Personen beteiligt haben. Dabei haben sie zunächst die psychopathischen Tendenzen der Teilnehmer untersucht. Im Anschluss haben sie überprüft, wie ihre Einstellung gegenüber dem Verhalten anderer Personen ist, die Bilanzen manipulieren und Insiderhandel betreiben.

Kaltherzigkeit und Machiavellistischer Egoismus

In ihrer Arbeit kommt das Team um Lingnau zu dem Schluss, dass diejenigen Faktoren, welche die "dunklen" Charaktereigenschaften der Unternehmenspsychopathen widerspiegeln, eine signifikant höhere Zustimmung zu den zwei Formen der Wirtschaftskriminalität voraussagen. "Besonders aussagekräftig waren hierbei die beiden Faktoren Kaltherzigkeit und der sogenannte Machiavellistische Egoismus, der sich durch besondere Rücksichtslosigkeit und manipulative Fähigkeiten auszeichnet. Beide Persönlichkeitsfaktoren können somit als absolute Risikofaktoren gesehen werden und sollten zum Beispiel bei Einstellungstests berücksichtigt werden", sagt Lingnau.

Zudem zeigt die Studie auf, wie es in der unternehmerischen Praxis gelingen kann, Aufstiegen solcher Psychopathen vorzubeugen. Neben sozialen Arbeitsbedingungen, in welchen sie aufgrund ihrer sozialen Inkompetenz früher oder später auffällig werden, kann auch eine entsprechende Schulung der Kollegen hilfreich sein. Darüber hinaus diskutieren die Forscher, wie neue Anreizsysteme helfen können, den Aufstieg für Psychopathen zu erschweren oder ein solches Unternehmen für diese Personen unattraktiver erscheinen zu lassen. (red, 18.7.2017)