Bundespräsident Alexander Van der Bellen rief in Bregenz zu Zuversicht auf.

Foto: APA/LISA MATHIS/LISAMATHIS.AT

Bregenz – Carmen, George Bizets Opernhit auf der Seebühne, und Gioachino Rossinis Fluchtepos Moses in Ägypten im Festspielhaus, die beiden Hauptwerke der 72. Bregenzer Festspiele, gaben die Themen für die Eröffnungsredner vor: Freiheit, Migration, Ausgrenzung, Solidarität.

Ein bisschen irritiert war der Herr Bundespräsident, als er von einem Torero, der vor ihm mit der Muleta, dem roten Tuch, tänzelte, zum Rednerpult geleitet wurde. Anscheinend habe man den Rednern die Rolle des Stiers zugedacht, scherzte Alexander Van der Bellen: "Sie wissen ja, wie das für den Stier endet."

Der kleine Scherz zu Beginn konnte nicht vom ernsten Inhalt der Eröffnungsrede ablenken. Van der Bellen appellierte "in dieser Zeit der Umwälzungen, in der alte Muster in Politik und Gesellschaft verblassen und das Neue gerade erst dabei ist, Gestalt anzunehmen", die Zuversicht nicht zu verlieren. Angesichts des Wettbewerbs der Weltmächte China und Russland und einer USA, die unberechenbar geworden sei, müsse die EU "eindeutigen und starken Zusammenhalt" zeigen, sagte der Bundespräsident und erntete Szenenapplaus.

Am Mittwoch wurden die 72. Bregenzer Festspiele feierlich eröffnet. Die Neuproduktion von Bizets "Carmen" sowie die Produktion von Rossinis "Moses in Ägypten" sind bereits jetzt ausverkauft.
ORF

Grundlage politischen Handelns müssten die europäischen Grundwerte Freiheit, Gleichheit und Solidarität sein, mahnte Van der Bellen "Toleranz und Respekt, Humanität und Empathie" ein.

"Gemeinsam für Freiheit und Rechtsstaat einzutreten", forderte Kulturminister Thomas Drozda in seiner Rede. Das Erstarken von Demagogie und des groben Populismus sei besorgniserregend, sagte Drozda. Die angemessene Antwort auf Zukunftsfragen könne nur solidarisch und in Gemeinschaft erfolgen – in einem gemeinsamen Europa, war sich Drozda mit Van der Bellen einig. Und weil ja die nächsten Wahlen nahen und die konservativen Minister Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka aufmerksam zuhörten, erteilte Drozda dem Überwachungsstaat eine klare Absage, sprach sich für Toleranz und Dialog aus und für den Sozialstaat als "stabile Basis einer humanen, friedlichen Gesellschaft".

Die Bregenzer Festspiele stehen vor einer Rekordsaison._Alle 28 Carmen-Aufführungen auf der Seebühne sind ausverkauft, ebenso die drei Vorstellungen von Moses in Ägypten im Festspielhaus. Bis 20. August stehen insgesamt 80 Veranstaltungen auf dem Spielplan. Nach einer budgetbedingten Pause wird mit The Situation (Maxim-Gorki-Theater Berlin) wieder Sprechtheater geboten. Regisseurin Yael Ronen lässt das Ensemble auf Deutsch, Englisch, Hebräisch, Arabisch die Situation im Nahen Osten und jene als Berliner mit "Situation"-Hintergrund reflektieren. (jub, 19.7.2017)