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Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe mit ihrem Anwalt Hermann Borchert. Richter Manfred Götzl vertagte auf Dienstag.

Foto: REUTERS/Michaela Rehle

Der 374. Verhandlungstag im Münchner NSU-Prozess sollte die Schlussetappe einleiten in dem seit mehr als vier Jahren andauernden Verfahren gegen die als Rechtsterroristin angeklagte Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Die Beweisaufnahme ist geschlossen, die Bundesanwaltschaft wollte als Anklägerin mit dem Plädoyer beginnen. Die Verlesung sollte 22 Stunden Zeit in Anspruch nehmen.

Doch wie so oft in diesem Prozess über die zehn Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) kommt es anders. Zu Beginn des Verhandlungstages, begründete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, war ein Antrag der Verteidigung abgelehnt worden. Die Anwälte wollten, dass das Plädoyer der Bundesanwälte auf Band aufgenommen wird. Götzl lehnte ab, weil er damit die Persönlichkeitsrechte der Ankläger verletzt sah. Dazu wiederum wollten die Verteidiger des mitangeklagten Rechtsextremisten Ralf Wohlleben sowie jene Zschäpes so nicht stehen lassen. So zeichnete sich schnell ab, dass der erste Tag des Finales durch Antragsmanöver der Verteidigung blockiert würde und es mit den Plädoyers wohl nichts wird.

Dabei waren einige Angehörige von Mordopfern des mutmaßlichen NSU-Trios extra angereist. Sie wollten hören, was die Anklage und damit der Staat vor allem Beate Zschäpe vorwirft. Adile Simsek etwa war gekommen, die Witwe des ersten NSU-Opfers Enver Simsek. Er war das erste NSU-Terroropfer. Am 11. September 2000 war der Blumenhändler an seinem mobilen Stand in Nürnberg niedergeschossen worden.

Auch Yvonne Boulgarides ist da mit ihren beiden Töchtern. Sie ist die Witwe von Theodorous Boulgarides. Der griechischstämmige Mann wurde am 15. Juni 2005 in seinem Schlüsseldienst-Laden in München ermordet.

Streit vor Gericht

Die Angehörigen mussten erleben, wie der Wohlleben-Anwalt Olaf Klemke – selbst in der rechten Szene verortet – dozierte, dass die Angeklagten das lange mündliche Plädoyer nicht erfassen und nachvollziehen könnten. Zschäpes Alt-Verteidiger Wolfgang Heer stritt sich mit Richter Götzl, weil er eine "Anschlusserklärung" abgeben wollte. Um 15.30 Uhr verkündete Richter Götzl dann: Das Gericht müsse die Einwände der Verteidigung prüfen, der Prozesstag sei beendet. Weiter geht es nicht wie vorgesehen, heute Donnerstag, sondern erst kommenden Dienstag.

In einer Pause sagte Alexander Hoffmann, ein sehr engagierter Nebenklageverteidiger, draußen vor dem Gerichtsgebäude, dass es seiner Ansicht nach "recht einfach" wird, die Mittäterschaft von Beate Zschäpe zu begründen. Sie und die toten NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hätten, das habe die Beweisaufnahme klar ergeben, "immer gemeinsam gehandelt". Als Mittäterin drohen Zschäpe lebenslange Haft sowie die Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld.

Auch grüne Prominenz ist zu diesem verkorksten Prozesstag angereist. Die Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth sowie Volker Beck und Christian von Notz finden sich im Gericht ein. Roth spricht davon, dass jetzt und an diesem Ort "ein Teil deutscher Geschichte" geschrieben werde.(Patrick Guyton aus München, 19.7.2017)