Peter Pilz wird wohl mit einer eigenen Liste bei der Nationalratswahl im Oktober antreten. In Umfragen wird diesem Unterfangen auch einiges Potenzial bescheinigt (wobei man solche hypothetischen Fragestellungen nicht überbewerten soll). Doch wie könnte eine solche Liste programmatisch positioniert sein?

Vor einigen Monaten noch hatte Pilz sich – am Ende erfolglos – für eine populistischere Ausrichtung der Grünen ausgesprochen (was Populismus ist, damit habe ich mich hier schon ausführlicher beschäftigt).

Peter Pilz wird wohl mit einer eigenen Liste antreten.
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Das ist per se auch keine absurde Idee. Viele Menschen sind vom politischen System enttäuscht und haben nicht das Gefühl, dass unter den etablierten politischen Kräften jemand ist, der ihre Interessen wahrnimmt. Im Sozialwissenschaftssprech haben diese Leute ein geringes Responsivitätsgefühl (im Englischen external efficacy genannt): Es dominiert der Eindruck, man habe im politischen System keine Mitsprache, die eigene Stimme werde nicht gehört. Wer auch nur einen Teil dieser Gruppe von sich überzeugt, kann dem Wahltag entspannt entgegenblicken.

Es gibt bloß ein Problem für jene, die versuchen, dieses Wählerpotenzial von links zu heben: Geringes Responsivitätsgefühl korreliert stark mit Skepsis gegenüber Zuwanderung. Wie die Grafik unten zeigt, ist bei Personen, die Migration sehr negativ sehen, die Enttäuschung gegenüber dem politischen System am größten. Je positiver die Einstellung zur Zuwanderung, desto stärker der Eindruck, das politische System würde einem selbst Einfluss und Mitsprache ermöglichen (ob dieser Zusammenhang kausal ist, lässt sich mit Umfragedaten nicht klären).

Nun gibt es für linke Gruppen natürlich noch andere Themen als Zuwanderung, die sich für Wahlkämpfe eigenen – besonders Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Trotzdem wird keine Partei den kommenden Nationalratswahlkampf ohne eine einigermaßen klare Haltung bei Themen wie Asyl, Migration und Integration führen können. Dazu ist das Thema zu präsent.

Peter Pilz weiß das natürlich und positioniert sich seit einiger Zeit schon als Gegner des politischen Islam. Dennoch: Nach drei Jahrzehnten bei den Grünen ist es schwer möglich, sich in der Zuwanderungs- und Asylpolitik glaubwürdig dort hinzubewegen, wo etwa ÖVP und FPÖ sind (abgesehen davon, ob man das überhaupt will).

Wenn man nun bedenkt, dass Einstellungen zur Zuwanderung gerade in Österreich zentrale Determinanten des Wahlverhaltens sind, wird das linkspopulistische Dilemma klar: Viele der vom politischen System Enttäuschten sind zuwanderungsskeptisch. Somit werden Parteien mit einem restriktiven Migrationsprogramm beim Ansprechen dieses Wählerpotenzials immer einen Vorteil haben. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 21.7.2017)