Donald Trump und Jeff Sessions bei einer Militärzeremonie im Mai. Die beiden galten einst als enge politische Vertraute, schon seit März sollen sie sich aber massiv voneinander entfremdet haben.

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Fast eine Stunde nahm sich der US-Präsident für sein jüngstes Interview mit der New York Times Zeit, und über weite Strecken war er bestens gelaunt, berichten die Journalisten. Doch bei einem Thema hörte der Spaß für Donald Trump auf. Bei der Russland-Affäre, also der Frage, ob die Russen im Wahlkampf 2016 womöglich mit seinem Wissen mitgemischt haben, um Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden, gibt es für den US-Präsidenten wenig zu lachen.

Trump möchte die lästigen Ermittlungen loswerden und kennt dabei weder Freund noch Feind. Diesmal traf es seinen Justizminister Jeff Sessions. Dieser war der erste Senator, der sich hinter den Außenseiter Trump gestellt hatte, und wurde dafür mit dem Kabinettsposten belohnt. Doch im März zog er sich wegen Befangenheit aus den Russland-Ermittlungen zurück – aus Trumps Sicht ein unverzeihlicher Fehler. "Jeff Sessions nimmt den Job, tritt den Job an und erklärt sich dann für befangen, was ich – offen gesagt – für sehr unfair gegenüber dem Präsidenten halte", so Trump, der von sich in der dritten Person sprach.

Seine Meinung: "Sessions hätte sich nie zurückziehen sollen." Oder: "Er hätte mir das sagen sollen, bevor er den Job genommen hat. Dann hätte ich jemand anderen genommen."

Sessions lehnte einen Rücktritt am Donnerstag demonstrativ ab. Aber seine öffentliche Demontage zeigt, wie sehr die Nerven des Präsidenten blank liegen. Immerhin ermitteln in der Affäre neben der Bundespolizei FBI inzwischen mehrere Kongressausschüsse und ein vom Justizministerium eingesetzter Sonderermittler. Auch den würde Trump am liebsten rausschmeißen, so wie er es mit dem unbotmäßigen früheren FBI-Chef James Comey getan hatte. Das ist vorerst nicht geschehen, stattdessen schlug Trump auf den parteiübergreifend geachteten Robert Mueller "nur" ein, warf ihm Interessenskonflikte vor und warnte ihn dringend davor, die Ermittlungen auf die Finanzverhältnisse der Familie Trump auszuweiten.

Präsidialer Rundumschlag

Und da der Präsident schon dabei war, bekam auch Vize-Justizminister Rod Rosenstein, der wegen Sessions' Rückzug die Russland-Untersuchung führt, sein Fett ab. Sein Vergehen: falsche Herkunft. "Rod Rosenstein, der aus Baltimore kommt", ätzte Trump. "Es gibt sehr wenige Republikaner in Baltimore, wenn überhaupt. Also, er kommt aus Baltimore."

Trumps Nervosität ist nicht verwunderlich. Zwar haben die Ermittler bisher keine öffentlich bekannten stichfesten Beweise für Absprachen zwischen seinem Wahlkampfteam und Russland gefunden; aber es kommen immer neue Details ans Licht. So hatten sich sein Sohn Donald Trump Jr., Schwiegersohn und Berater Jared Kushner und der damalige Wahlkampfmanager Paul Manafort mit einer Anwältin getroffen, nachdem diese ihnen belastendes Material "der russischen Regierung" über Clinton versprach.

Für Irritation sorgte auch, dass sich Trump jüngst beim G20-Gipfel in Hamburg zum Tête-à-Tête mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückzogen hat – und zwar entgegen der Usancen nur mit einem russischen, aber ohne US-Dolmetscher. Er habe mit Putin vor allem "Nettigkeiten" ausgetauscht, sagte Trump nun.

Entgegen seinem Wunsch aber bleibt die Moskau-Affäre auf der Tagesordnung. Am Montag soll Kushner vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen, Mittwoch sind Donald Jr. und Manafort im Justizausschuss dran.

McCain an Krebs erkrankt

Ein Kritiker des Präsidenten in den eigenen Reihen wird im Kongress vorläufig allerdings fehlen: Der republikanische Senator John McCain ist an Krebs erkrankt. Die Ärzte entdeckten einen Hirntumor bei dem 80-Jährigen. McCain ist ein politischer Haudegen und Hardliner, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er misstraut Putin und hält es für erwiesen, dass Russland die Wahl manipulieren wollte. Die behandelnde Mayo Clinic teilte mit, McCain habe sich nach Aussage der Ärzte von der Operation gut erholt, der Tumor sei allerdings bösartig.

McCain sei schon immer ein Kämpfer gewesen, sagte Trump. Im Wahlkampf hatte er sich noch abfällig geäußert und McCain vorgeworfen, im Vietnamkrieg gefangen genommen worden zu sein. Ex-Präsident Barack Obama, gegen den McCain 2008 angetreten war, nannte ihn auf Twitter "einen amerikanischen Helden". Der Krebs wisse nicht, mit wem er es aufgenommen habe: "Mach ihm die Hölle heiß, John!" (Ines Zöttl aus Washington, 21.7.2017)