Acht Jahre nach Ermittlungsbeginn und – relativ – kurz vor dem avisierten Verhandlungsstart erfährt die Causa Buwog wieder eine Verzögerung. Der Verfassungsgerichtshof wurde eingeschaltet.

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Wien – Der für Ende dieses Jahres avisierte Start der Hauptverhandlung in der Causa Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) wackelt. Der Wiener Immobilienmakler Ernst Karl Plech, bzw. sein Anwalt, Verfassungsexperte Michael Rohregger, hat den Verfassungsgerichtshof (VfGH) angerufen, er findet, dass die zuständige Richterin am Straflandesgericht Wien den Fall nicht hätte bekommen dürfen. Die gesetzliche Bestimmung, die dies bewirkt hat, sei verfassungswidrig, meint Rohregger in seinem 39-seitigen Antrag an den VfGH. Und der kann über die Sache frühestens in seiner Session Ende September / Anfang Oktober entscheiden.

Die zuständige Strafrichterin, Marion Hohenecker, weiß noch nicht, was die Einschaltung des VfGH für ihren weiteren Zeitplan bedeutet, sie könne die Folgen des Antrags "noch nicht einschätzen", erklärte ein Gerichtssprecher am Donnerstag.

Noch kein fixer Termin

Zur Erinnerung: Termin für den Beginn der Hauptverhandlung in den Causen Buwog und Linzer Terminal Tower gegen 16 Angeklagte gibt es noch keinen; die Rede war stets von "Ende des Jahres". Zu den Angeklagten in der Causa Buwog, die 2004 spielte und in der ab 2009 ermittelt wurde, zählen neben Plech u. a. Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser, die Exlobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger oder Ex-Immofinanzchef Karl Petrikovics.

Der Parteienantrag an den VfGH, über den Die Presse am Donnerstag berichtet hat, zielt auf die Aufhebung von Passagen der Strafprozessordnung (StPO) ab. Der Antrag (er liegt dem STANDARD vor) stammt vom 12. Juli; die Beteiligten wie die Bundesregierung haben acht Wochen Zeit für ihre Stellungnahme. Erst dann können sich die Verfassungsrichter mit der Sache auseinandersetzen.

Verbindung von Verfahren

Worauf sich der Antrag an den VfGH stützt: Richterin Hohenecker hat die Buwog quasi geerbt, eigentlich wäre gemäß Geschäftseinteilung des Gerichts Richterin Marion Rumpl zuständig.

Da gemäß StPO aber Verfahren verbunden werden, wenn Richter mit den Betroffenen schon zu tun hatten, landete die Causa Buwog bei Hohenecker. Denn sie war für das Verfahren "Villa Esmara" zuständig, in dem Petrikovics und Tennismanger Ronnie Leitgeb angeklagt waren – über den Konnex Petrikovics ist die Causa Buwog also zu ihr gewandert.

Doch da wird die Sache kompliziert. Das Urteil gegen Leitgeb hat der Oberste Gerichtshof (OGH) aufgehoben und zurückverwiesen – darüber muss also ein Richter der ersten Instanz (nicht Hohenecker, sie ist per Gesetz ausgeschlossen) noch einmal entscheiden. Petrikovics allerdings war beim Esmara-Prozess aus Krankheitsgründen nicht dabei, seine Verhandlung muss erst geführt werden. Zuständig dafür ist gemäß StPO: Hohenecker.

Auch Befangenheitsantrag

Diese "Rechtslage" bewirkt gemäß Plechs Anwalt, dass die Sache an eine "(befangene) Richterin abgetreten werden muss", was "mit dem Recht auf ein faires Strafverfahren und dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot unvereinbar" sei. Die Angeklagten würden zudem "in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter und dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung verletzt", heißt es in dem Antrag an den VfGH.

Abseits dessen hält Plechs Anwalt Hohenecker eben auch für befangen, über seinen Ablehnungsantrag muss nun der Präsident des Straflandesgerichts entscheiden.

Schweizer Angeklagter ab- und aufgetaucht

Sollte die Richterin tatsächlich ausgetauscht werden, drohen weitere Verzögerungen: Der Buwog-Akt, in den sich Beteiligte einlesen müssen, ist schlicht riesig. In den Sternen steht aber nicht nur, wann die Hauptverhandlung im großen Schwurgerichtsaal des Grauen Hauses starten kann, offen ist auch, wer alles auf den beiden Anklagebänken (und Extrasesseln) Platz nehmen wird. Der Exchef der Raiffeisen Landesbank OÖ, Ludwig Scharinger (75) aus der Causa Terminal Tower, dürfte verhandlungsunfähig sein. Ob Petrikovics (er ist im Zusammenhang mit der Causa Immofinanz in Haft) verhandlungsfähig sein wird, ist derzeit nicht klar.

Auch noch nicht entschieden ist, wie es mit dem Schweizer Berater Norbert W. weitergeht, der in der Causa Buwog aufseiten der Grasser-Family eine wichtige Rolle gespielt hat. Er galt lange als "abgetaucht", die Anklageschrift konnte ihm zunächst nicht zugestellt werden. Inzwischen beschäftigt W. aber einen Rechtsanwalt – und der hat Einspruch gegen die Anklage erhoben; gegen W. ist selbige also nicht rechtskräftig. In dieser Sache ist nun das Oberlandesgericht Wien am Zug.

DER STANDARD betont, dass für alle die Unschuldsvermutung gilt. (Renate Graber, 20.7.2018)