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Chester Bennington bei einem Auftritt in Los Angeles 2014.

Foto: Photo by Paul A. Hebert/Invision/AP, File

Los Angeles – Chester Bennington, Leadsänger der Nu-Metal-Band Linkin Park, ist tot. Das berichtet der Branchendienst "TMZ" unter Berufung auf die Polizei in Los Angeles County. Demnach wurde Bennington am Donnerstagmorgen leblos in seinem Haus gefunden.

Er habe Selbstmord begangen, teilte der stellvertretende Ermittlungschef der Gerichtsmedizin in Los Angeles, Ed Winter, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Winter zufolge wurden im Schlafzimmer des Musikers eine halbleere Flasche Alkohol gefunden. llegale Drogen wurden nicht gefunden. Der vollständige Autopsiebericht wird kommende Woche erwartet.

"Schockiert und untröstlich" reagierte Bandkollege Mike Shinoda in einem Tweet auf die Todesnachricht.

Die bevorstehende Nordamerika-Tournee der Band sei kurzfristig abgesagt worden, teilte der Konzertveranstalter Live Nation am Freitag mit. Ab dem kommenden Donnerstag hätte die "One More Light"-Tour bis Ende Oktober durch die USA und Kanada führen sollen. Für November geplante Auftritte in Japan wurden auf der Webseite der Band weiter gelistet.

Die 1996 gegründete Band Linkin Park hat mehr als 70 Millionen Alben verkauft und wurde mit zwei Grammys ausgezeichnet. Den internationalen Durchbruch schaffte sie im Jahr 2000 mit ihrem Debütalbum Hybrid Theory.

ORF

Der Sänger hatte in der Vergangenheit offen über seine Depressionen und Suchtprobleme gesprochen. In Interviews gab er auch an, als Bub von einem älteren Bekannten sexuell missbraucht worden zu sein. Das habe sein "Selbstvertrauen zerstört", sagte er 2014 der britischen Musikseite "Team Rock". "Wie die meisten Leute hatte ich zu viel Angst, etwas zu sagen. Ich wollte nicht, dass die Leute denken, dass ich schwul bin oder lüge." Als Bennington elf Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden.

"In the End" aus dem mehrfach ausgezeichneten Album "Hybrid Theory".
Linkin Park

US-Medien berichten, dass Fans Stunden nach der Todesmeldung Blumen vor dem Haus des Sängers abgelegt haben. Auch Bandkollegen seien vorgefahren. Die Musiker waren den Angaben zufolge am Donnerstag für ein Foto-Shooting in Hollywood verabredet. Sie wollten Ende des Monats auf Tournee gehen und hatten noch am Morgen ein Musikvideo zu ihrem Song "Talking To Myself" veröffentlicht. Er entstammt der jüngsten, heuer veröffentlichten Platte One More Light, die von der Gruppe auch beim Nova Rock im Burgenland mit einem Auftritt promotet wurde.

Linkin Park

Die Band schlug mit dem neuen Album sanftere Töne an als in früheren Jahren. Sein Ziel sei nie gewesen, möglichst viele Platten zu verkaufen oder Stadien zu füllen. "Unsere Absicht ist, Musik zu machen, die wir lieben", sagte Bennington im Mai der Deutschen Presse-Agentur.

Erstmals hat die Band die Aufnahmen nicht mit musikalischen Proben begonnen, sondern mit Gesprächen. "Worüber mache ich mir Gedanken? Was ist für mich gerade am wichtigsten?", seien Fragen dieser Gespräche gewesen, aus denen sich die Ideen für neue Lieder ergeben hätten: Depression und Tod, aber eben auch das manchmal banale Familienleben mit Kindern. Hast du die Zähne geputzt? Wo ist dein Rucksack? "Das ist ein typischer Tag, wenn du Kinder hast", sagte Bennington. Aber dies seien auch Themen, die vor 15 Jahren niemand in der Band verstanden hätte. "Es kommt darauf an, wo wir im Leben stehen."

Tod von Kollegen

Bennington hatte sich Zeit seiner Karriere auch bei anderen Projekten eingebracht. So sprang er 2013 kurzzeitig als Frontmann für die Stone Temple Pilots ein. Zuvor hatte sich die Grunge-Band von Sänger Scott Weiland getrennt, der wenig später an einer Überdosis starb. Der Tod einer weiteren Grunge-Größe, von Soundgarden-Frontmann Chris Cornell vor zwei Monaten, hatte Bennington zuletzt tief bewegt. "Ich kann mir keine Welt ohne dich vorstellen", schrieb er damals über den Verlust seines Freundes.

Bennington hinterlässt eine Frau und sechs Kinder. Er wurde 41 Jahre alt. (red, APA, 22.7.2017)