Der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei einer Pressekonferenz zum Börsengang der Post im Jänner 2006.

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Wien – Der Komplex von Korruptionsstrafverfahren, die gegen den einstigen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die früheren Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger (samt anderen Beschuldigten) geführt worden sind, ist zerschmolzen. Am Freitag hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestätigt, dass sie nun auch das Verfahren rund um die Teilprivatisierung der Österreichischen Post AG (im Mai 2006) eingestellt hat. Anhängig sind also noch die Buwog-Anklage und ein Finanzverfahren gegen Grasser.

Die Einstellung erfolgte auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien – allerdings wollte auch die WKStA gemäß ihrem Vorhabensbericht einstellen, sie hat allerdings eine andere rechtliche Begründung dafür ins Treffen geführt. Deren Änderung sei nur per Weisung möglich, wie man in Justizkreisen betont.

WKStA, OStA, Ministerium und Weisungsrat seien einhellig der Ansicht gewesen, dass die Causa einzustellen sei. Ermittelt wurde gegen Grasser, die zwei genannten Lobbyisten und zwei frühere Manager der Raiffeisen Centro Bank (RCB), die die Post-Aktionärin ÖIAG mit dem Leadmanagement des Börsengangs betraut hatte, also quasi mit dessen Führung. Vier weitere Investmentbanken waren auch dabei.

Fragwürdige Provisionsflüsse

Ermittelt wurde wegen des Verdachts auf Geschenkannahme durch Beamte und Beitrag zur Untreue (gegen Grasser), wegen Verdachts auf Untreue und Bestechung (gegen die Exbanker) sowie auf Beihilfe zu alledem gegen Hochegger und Meischberger. Die WKStA bestätigte am Freitag die Einstellung, "strafbares Verhalten war nicht erweislich".

Der Gutachter der WKStA hat bei seinen Recherchen aber fragwürdige Provisionsflüsse gefunden, der man in der Folge nachgegangen ist. Es drehte sich um jene 350.000 Euro, die Hocheggers Agentur Valora der RCB als Erfolgshonorar verrechnet hat.

Rund 150.000 Euro davon gingen an die Wiener Valora Solutions GmbH weiter, die Hochegger und Meischberger später gegründet haben. Und da kommt – ökonomisch betrachtet – Grasser ins Spiel. Er beteiligte sich nach seinem Ausscheiden aus der Politik 2007 zu einem Drittel an Valora Solutions. Die Überweisungen an sie basierten auf Rechnungen mit dem Zweck "Post-Börsegang".

Hochegger vermittelte RCB

Eine der Fragen war also, ob Finanzminister Grasser als ÖIAG-Eigentümervertreter den Auftrag für die (von Hochegger seit 2003 betreute) RCB angeschoben und dafür dann später via Zahlungen rund um die Valora Solutions kassiert habe. Konkret ging es um eine Rechnung von 100.000 Euro.

Aus der Weisung der OStA, die dem STANDARD vorliegt und den Exbeschuldigten zum Zwecke der Einstellungsbegründung übermittelt wurde, erschließt sich Näheres. Demnach hatte Hocheggers Valora ab 2003 einen Vertrag mit der RCB. Damals hat er der RCB den ÖIAG-Auftrag vermittelt, in dem es um die Begebung von Voest- und Telekom-Umtauschanleihen ging. 2004 kam die RCB dank Valora beim Anteilsverkauf der Telekom Austria zum Zug. Valora wurde von der RCB monatlich bezahlt (5000, später 2000 Euro) und bekam ein Erfolgshonorar. Selbiges wurde später gedeckelt, sodass bei der Post-Teilprivatisierung 350.000 Euro fällig wurden, hat die WKStA recherchiert. Ohne Deckelung wären es 457.000 Euro gewesen.

Leistung erbracht

Und: Auch eine Leistung sei da gewesen, "Hochegger hat tatsächlich Beratungs- und Lobbyingleistungen erbracht", von Juni 2003 bis April 2008 hätten 56 Jour-fixe-Treffen mit der RCB stattgefunden. Auch Meischberger habe für sein Geld etwas getan, er fungierte gemäß Aussage eines RCB-Bankers "im Hintergrund als ,Mitarbeiter' Hocheggers, der ihn auch entlohnt hat". Finanzminister Grasser wurde von den damaligen ÖIAG-Chefs entlastet. Sie sagten aus, die RCB-Mandatierung sei "ohne Beeinflussung von außen erfolgt", Grasser habe keinen derartigen Wunsch geäußert.

Auch die "vom Sachverständigen bezweifelte orale Abwicklung der Geschäfte ist nicht undenkbar", argumentiert die OStA hübsch; zudem habe der RCB-Banker die Geschäfte durch Dokumente "belegt". Ein "für eine Anklage erforderlicher Tatverdacht besteht" laut Justiz also nicht. (Renate Graber, 20.7.2017)