Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, kämpft in der SPÖ um einen Listenplatz für den Einzug ins Parlament.

Foto: Fischer

Unter dem Reiterdenkmal von Erzherzog Karl präsentiert die Sozialistische Jugend ihre Forderungen.

Foto: Fischer

Provisorische Pressekonferenz am Heldenplatz: Der Medienandrang hielt sich in Grenzen.

Foto: Fischer

Wien – Julia Herr will sich nicht mehr hinhalten lassen, ob und welchen Platz sie auf der Bundesliste der SPÖ bekommt, sie begann am Freitag ihren ganz persönlichen Wahlkampf. Die Vorsitzende der Sozialisten Jugend will ins Parlament. Der Parteiführung hat sie bereits einen Vorschlag mit Namen aus der Sozialistischen Jugend geschickt, an erster Stelle ihrer, eine Reaktion, geschweige denn eine Zusage hat sie von SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern nicht bekommen. "Ich will nicht mehr warten", sagt sie im Gespräch mit dem STANDARD, "ich starte jetzt."

Am Fuße der Erzherzog-Karl-Statue am Wiener Heldenplatz zwischen den beiden Containern, in denen das Ausweichquartier des im Umbau befindlichen Parlaments untergebracht ist, hielt die 24-Jährige am Freitag eine Pressekonferenz ab. "Ich bewerbe mich als Kandidatin", eröffnete sie den Journalisten. Junge Menschen sollten in der Politik nicht nur Betroffene sein, sondern Akteure. "Ich will, dass Jugendliche auch im Wahlkampf eine Stimme haben", sagt sie.

Schlauchboote und Wohnungen

"Alle reden von Schlauchbooten, von Sicherheit und Überwachung, mich interessiert die Law-and-order-Politik nicht." Die tatsächlichen Sorgen der jungen Menschen drehten sich vielmehr um Lehrstellen, Jobs und leistbare Wohnungen. "Wir leben in einem der reichsten Länder der Erde, aber unsere Generation hat es extrem schwer. Wir sind die Generation Working Poor, die Generation Praktikum."

Um sich Gehör zu verschaffen, fordert Herr einen sicheren Listenplatz bei der SPÖ, wohlwissend, dass dieser extrem unwahrscheinlich ist. Daher will sie einen Vorzugsstimmenwahlkampf führen und führt als Beispiel den von ihr mittlerweile gar nicht mehr geschätzten Josef Cap an, der selbst als Vorsitzender der SJ 1983 mit 62.457 Vorzugsstimmen den Sprung in den Nationalrat schaffte.

Interne Konkurrenz

Herr hat diesmal allerdings intern starke Konkurrenz: Mit Katharina Kucharowits will auch eine andere Jugendfunktionärin der SPÖ ein sicheres Mandat auf der Bundesliste. Kucharowits ist Vorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ, die vor allem im Vergleich mit der Sozialistischen Jugend als die brave und angepasste rote Jugendorganisation gilt. "Ich schätze die Kathi sehr", sagt Herr, "es muss auf der Bundesliste Platz für zwei junge Leute sein." Sie dürften sich nicht gegeneinander ausspielen lassen, sagt Herr, weist dann aber doch darauf hin, dass sie immerhin zehn Jahre jünger als Kucharowits sei. Jungsein allein sei aber noch kein politischer Inhalt, sagt Herr, die Frage sei, wie breit die Kandidatenliste der SPÖ aufgestellt sei.

Der Wahlkampf werde mit der sozialen Frage entschieden, glaubt Herr, und wenn Christian Kern auf dieses Thema setze, werde ihn die SJ auch unterstützen. Eine restriktive Flüchtlingspolitik lehne sie allerdings ab, für eine Scheindebatte sei sie nicht zu haben. Statt die Lieferung von Schlauchbooten zu verbieten, sollte die EU vielmehr Waffenlieferungen verbieten.

Nöte der Betroffenen

Auf dem provisorisch eingerichteten Podium vor der Reiterstatue von Erzherzog Karl sitzen neben Herr drei Jugendliche, Lisa, Ahmed und David, die von ihren Nöten erzählen: David wohnt in Wien in einer Besenkammer, wie er sagt, Lisa kann sich die öffentlichen Verkehrsmittel im Burgenland kaum leisten, und Ahmed findet nach seiner abgeschlossenen Lehr keinen Job oder eine weiterführende Ausbildung. Herr fasst zusammen: "Wir müssen die Sorgen der jungen Menschen ernst nehmen und über ihre Probleme reden."

Dass ihre Forderungen, um die Lebenssituation der Jugendlichen zu verbessern, auch kosten, weiß sie, darauf hat sie gleich die passenden Antworten: "Die Banken und Konzerne müssen ihren Beitrag leisten", sie werde im Wahlkampf auch wieder eine Millionärssteuer fordern. Und im Übrigen sei sie strikt gegen eine Koalition mit der FPÖ, auch darin unterscheide sie sich von anderen in der SPÖ. (Michael Völker, 21.7.2017)