Wien – Die Bombe ist scharf, auf dem Display läuft der Countdown zur Detonation: "Roter oder blauer Draht?" ist die alles entscheidende Frage – allerdings nur im Film. Mit der Wirklichkeit hat dieses oft gezeigte Höllenmaschinenszenario nichts zu tun. Deshalb findet es sich auch in der Liste der häufigsten Fehler, die das Polizeifachmagazin Öffentliche Sicherheit im seit 1970 laufenden Tatort und in anderen Krimiserien gefunden hat. Hier die Top Ten der zugunsten der Spannung verdrehten Fakten:

· Einsame Wölfe Den einsamen Chefermittler, der wie Schimanski Fälle praktisch im Alleingang löst, gibt es nicht. Vor allem bei Kapitalverbrechen kommen immer gleich mehrere Ermittlungsteams zum Einsatz – darunter Tatortgruppe, Fallanalyse, Spurenauswertung, DNA-Abgleich, Zeit-Weg-Diagramme, internationale Polizeikooperation.

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· Amtliche Spurenvernichter Mit einem Kommissar, der durch Blutlachen spaziert und sich mit spitzen Fingern Beweise angelt, hätten die Spurensicherer und Tatortermittler keine Freude. In diesem Stadium der Untersuchungen müsste selbst der Innenminister vor der Tür warten.

· Gerichtsmediziner Die TV-Rolle der Gerichtsmediziner wurde in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut. Im Tatort-Team von Münster pfuscht Professor Boerne Kommissar Thiel regelmäßig ins Ermittlerhandwerk. In Wahrheit sind Gerichtsmediziner sehr selten am Tatort und Polizisten praktisch nie im Obduktionssaal.

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· An vorderster Front Mordermittler, die mit gezogener Waffe und ohne Schutzweste an der Spitze einer Sondereinheit in ein Haus stürmen, gibt es auch nur im Film. Cobra oder Wega haben ihre eigenen Kommandanten.

· Verletzungen Falls ein TV-Kommissar nicht rausgeschrieben wird, überlebt er jede Verletzung und gesundet innerhalb kürzester Zeit. Selbst ein Kopfschuss konnte Chefinspektor Eisner nicht davon abhalten, weiterzuermitteln. In der Realität dauert die Heilung schwerer Schussverletzungen Monate. Pro Jahr werden rund 1000 Polizisten in Österreich bei Einsätzen durch Fremdeinwirkung verletzt.

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· Super-Cybercops Polizei-Nerds, die sich blitzschnell in Computersysteme hacken und etwa Bankkonten von Verdächtigen manipulieren, sind von Hollywood übernommene Erfindungen.

· Technischer Schickschnack Klischees wie das eingangs erwähnte Bombendisplay, aber auch die falsche Funktionsweise von Schalldämpfern gehören zum fiktiven Krimialltag. Schalldämpfer machen aus einem Schuss kein leises Plop, sondern schwächen den Knall wesentlich weniger ab und verzerren ihn.

· Amtstitel Mit Titeln nehmen es Regisseure nicht immer genau. Der Vorgesetzte des heimischen Tatort-Duos Eisner/Fellner im Bundeskriminalamt wird mit Sektionschef tituliert – einen solchen gibt es aber nur in Ministerien. Im titelverliebten Österreich kann man aber auch leicht die Übersicht verlieren, laut Öffentliche Sicherheit gibt es hierzulande rund 900 verschiedene Amts-, Funktions- und Ehrentitel. Aber Polizeikommissare gibt es in Österreich nicht.

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· Drogen Nicht selten lassen sich TV-Ermittler weißes Pulver auf der Zungenspitze zergehen und stellen fest, dass es sich um eine illegale Droge handelt. Kein Fahnder würde derart leichtfertig seine Gesundheit aufs Spiel setzen, für chemische Analysen ist das Bundeskriminalamt zuständig.

· Selbstjustiz Beim "Mord zum Sonntag" sind die Ermittler oft mit Kompetenzen von Richtern und Staatsanwälten ausgestattet. Verhaftungen oder Hausdurchsuchungen kann ein echter Polizist nie in Eigenregie durchführen. Opfer von Gewalttaten wiederum können nicht, wie oft suggeriert, etwa aus Angst Anzeigen zurücklegen. Körperverletzung ist ein Offizialdelikt und muss von Amts wegen verfolgt werden. (simo, 23.7.2017)