Heiko Westermann möchte endlich Pokale gewinnen.

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Wien – Wäre Heiko Westermann vor einem Jahr gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, seine Karriere bei der Wiener Austria fortzusetzen und auch zu beenden, hätte er geantwortet: "Schwer vorstellbar, aber sag niemals nie."

Am 14. August wird der Innenverteidiger aus Deutschland 34 Jahre alt, diesen Geburtstag feiert er als Austrianer, so sind die Launen des Fußballs. Hält sein Körper, wovon auszugehen ist, wird der 35er ähnlich ablaufen, Westermann hat einen Zweijahresvertrag unterzeichnet. "Es ist eine Supersache", sagt der 27-fache deutsche Nationalspieler.

Sein erstes Ländermatch hat er im Februar 2008 im Happel-Stadion bestritten, Deutschland gewann 3:0. "Unverdient. Österreich hätte klar führen müssen." Also schließt sich ein Kreis, die Austria trägt die Heimspiele diese Saison noch im Happel aus. Westermann ist klar, "dass es für die österreichische Meisterschaft zu groß ist. Egal, ich habe Lust auf Fußball. Das ist der Hauptgrund, warum ich da bin." Ein wesentlicher Faktor war auch Trainer Thorsten Fink, man kennt einander aus gemeinsamen Zeiten beim Hamburger SV, der Kontakt ist nie abgerissen. "Eine Respektsperson, er hat bei der Austria Gutes aufgebaut, der Verein hat Potenzial, Tradition, Qualität, Perspektive."

Kein Lautsprecher

Westermann ist auf den großen Bühnen aufgewachsen, er kickte drei Jahre für Schalke (2007 bis 2010), anschließend fünf für den HSV. Bei beiden Vereinen war er Kapitän, die Austria wird von Alexander Grünwald aufs Feld geführt, für Westermann ist das nicht einmal ein Problemchen. "Es liegt in meiner Natur, dass ich meine Meinung sage, da brauche ich kein äußeres Zeichen. Die Effenbergs und Ballacks gibt es nicht mehr, Dinge werden in der Gemeinschaft geregelt, die Zeit der Lautsprecher ist vorbei."

Von Hamburg wechselte er 2015 zu Betis Sevilla, vor der Austria war Ajax Amsterdam der Arbeitgeber. Westermann kam nur sporadisch, also selten, zum Einsatz. Die Niederländer setzten auf jüngere Innverteidiger. "Sie waren wirklich gut, da tauscht man nicht." Fink hingegen schätzt "Westermanns Erfahrung und Routine. Er wird die Abwehr mit Sicherheit stabilisieren."

"Es ist kein Abstieg"

Im Cup hat er das getan, die Austria entging in Ebreichsdorf nach einer torlosen Partie nur knapp einer Peinlichkeit, siegte im Elferschießen 4:3. Westermann hat seinen Penalty verschossen. Am Sonntag steigt in Altach die erste Ligapartie. Spätestens dann ist der Deutsche auf der kleinen Bühne angekommen. "Die Umstellung fällt mir leicht, es ist kein Abstieg, sondern ein Schritt zurück ins normale Leben." Westermann wird übrigens in Altach vor Anpfiff nervös sein. "Das gehört dazu. Hast du kein Lampenfieber mehr, musst du aufhören." Der Routinier hat einen Leitsatz: "Mehr als sein Bestes kann man nicht geben." Was er nicht hat, sind Titel. Die Sehnsucht nach Pokalen ist groß, bei der Austria könnte sie endlich gestillt werden. "Du willst einmal ganz oben stehen. Das ist möglich, obwohl Salzburg der Favorit ist."

Westermann aus Unterfranken macht seit 30 Jahren regelmäßig Urlaub in Österreich – im Winter wie im Sommer. "Jetzt arbeite ich hier. Ich konnte und kann den Traum vom Fußball überall leben, mit allen Höhen und Tiefen." (Christian Hackl, 22.7.2017)