Chicago – Eine Woche nach den tödlichen Polizeischüssen auf eine unbewaffnete Australierin in der US-Stadt Minneapolis hat Polizeichefin Janee Harteau ihren Rücktritt erklärt. Sie folgte damit am Freitag der Aufforderung von Bürgermeisterin Betsy Hodges, die der Polizeichefin öffentlich das Misstrauen ausgesprochen hatte.

Erneut gab es in der Stadt Proteste, die Bürgermeisterin wurde auf einer Pressekonferenz von Demonstranten ausgebuht. Harteau könne die Polizei der Stadt nicht mehr leiten, weil sie das Vertrauen der Bürger verloren habe, sagte Bürgermeisterin Hodges. "Auch ich habe das Vertrauen verloren", sagte sie. Harteaus bisheriger Stellvertreter soll nun den Posten übernehmen.

Langes Schweigen

Am Samstag vor einer Woche hatten Polizisten die 40-jährige Australierin Justine Diamond erschossen, die zuvor selbst die Polizei wegen eines mutmaßlichen Überfalls in der Nachbarschaft gerufen hatte. Die Gründe waren weiter unklar, die Ermittlungen laufen.

Polizeichefin Harteau war heftig in die Kritik geraten, weil sie sich tagelang nicht öffentlich zu dem Vorfall äußerte. Erst am Donnerstag trat sie vor die Kameras. Ihr langes Schweigen erklärte sie damit, dass sie in einer abgelegenen Bergregion Urlaub gemacht habe.

Am Freitag gab es in Minneapolis wie bereits am Vortag Proteste gegen die Polizei. Kritiker fragten erbost, warum die beiden Beamten bei dem tödlich verlaufenen Einsatz ihre Körperkameras nicht angeschaltet hatten.

Forderung nach Rücktritt

Eine abendliche Pressekonferenz der Bürgermeisterin ging in Buh-Rufen von Demonstranten unter. Die Protestierenden forderten den Rücktritt der Stadtchefin.

Die Polizei im US-Bundesstaat Minnesota hatte bereits im vergangenen Jahr mit einem anderen tödlichen Einsatz für landesweite Empörung gesorgt. Der Afroamerikaner Philando Castile wurde bei einer Verkehrskontrolle erschossen. Seine Lebensgefährtin filmte den Vorfall, die Aufnahme wurde live im Online-Netzwerk Facebook übertragen. Der Schütze wurde im Juni freigesprochen. Seither finden in Minneapolis täglich Demonstrationen gegen Polizeigewalt statt. (APA, 22.7.2017)