Zürich – Was wurde eigentlich aus diesem vorausschauenden Fahrwerk, das Mercedes bei der Präsentation der S-Klasse 2013 in Kanada vorführte und das kleine Bodenunebenheiten ausbügelt, suggerierend, der Untergrund sei brettleben? Gibt's immer noch, sogar optimiert, und erweitert wird das jetzt noch um eine Kurvenneigefunktion, wo sich der Wagen auf der Kurvenaußenseite hebt, wodurch einen die Fliehkräfte nicht mehr so ungestalt packen können.

Seit dem Start im Sommer 2013 verkaufte sich die S-Klasse weltweit über 300.000 Mal, 90 Prozent davon entfielen auf die Langversion.
Foto: Daimler

Aber. Technologische Schmankerln wie diese, die oberhalb des ohnehin schon exzellenten Luftfeder-Basisfahrwerks angeboten werden, treten gegenüber anderen Innovationen in der runderneuerten S-Klasse in den Hintergrund.

Klassenbester

Rund 65.000 Mal verkaufte sich die S-Klasse 2016 weltweit, sie belegte damit souverän die Spitzenposition bei Luxuslimousinen vor BMW 7er (59.000) und Audi A8 (38.000). Letzteres Neuauflage zündet ein regelrechtes Technologiefeuerwerk? Na gut. Wir, so die Antwort von Mercedes, haben 6500 neue Teile in die S-Klasse verbaut und damit "das beste Auto der Welt noch besser gemacht". Aus wie vielen Teilen insgesamt das Flaggschiff besteht, ließ sich so schnell nicht eruieren.

Foto: Daimler

Fakt ist: In dieser Fahrzeugklasse ist der deutsche Traditionshersteller tatsächlich eine Klasse für sich. Da sind sie sozusagen sternkompetent. Das liegt ihnen, man spürt richtig, mit welcher Freude sie sich der Aufgabe widmen.

Beduftung

Um die wachsenden Komfortbedürfnisse der Kundschaft zu bedienen, gibt es jetzt beispielsweise die "Energizing"-Komfortsteuerung. Kombiniert diverse Wohlfühlsysteme wie Klima, Ambientelicht, Massage, Beduftung, Beschallung. Sechs Programme stehen zur Auswahl: Frische, Wärme, Vitalität, Freude, Behaglichkeit, Training. Das sollte einen halbwegs durch den Tag bringen und ist jedenfalls etwas, das keiner der Gegner zu bieten hat.

Nobler kann es kaum zugehen an einem Arbeitsplatz. In dieser Region halten die Kunden die S-Klasse für das plausibelste Angebot.
Foto: Daimler

Sechs ist auch ein Stichwort für die Motoren. In Reihe. Nämlich. Mercedes hat ja ganz neue Verbrennungsmotoren entwickelt, dabei ist man von V6 auf Reihen-6-Zylinder umgestiegen. Und so fantastisch auch der 4,0-Liter-V8-Biturbo im AMG S 63 sein mag – die Maschine ersetzt den 5,5-Liter-V8-Biturbo, hat 27 PS mehr als jene bei geringerem Verbrauch und katapultiert den Wagen in 3,5 Sekunden von null auf 100 km/h – die Reihen-6er beeindrucken in ihrer völlig entspannten Alltagstauglichkeit fast noch mehr.

Foto: Daimler

Der Diesel etwa. 3,0 Liter Hubraum, 286 (350 d) und 340 (400 d) PS. Akustisch kaum als Selbstzünder wahrnehmbar, souverän in der Antriebsleistung, mustergültig bei Verbrauch und Schadstoffausstoß. Mercedes gab jedenfalls anlässlich der Präsentation in der Schweiz einmal mehr ein eindeutiges Bekenntnis zum Diesel und dessen Zukunftsfähigkeit ab.

Mit neuen und/oder in ihren Funktionen erweiterten Fahrassistenten tastet sich die S-Klasse immer weiter voran beim autonomen Fahren.
Foto: Daimler

Noch mehr überzeugt aber der Reihen-6er-Benziner. Hubraum ebenfalls drei Liter, leistet er 367 PS, Normverbrauch: 6,9 l / 100 km – trotz Allradantrieb. Mit Partikelfilter, wie alle neuen Mercedes-Ottos. Klingt vielleicht eine Spur zu zurückhaltend, doch das sei der S-Klasse-Klientel gestundet. Fährt sich aber vor allem praktisch ohne Turboloch, was unter anderem daran liegt, dass hier ein elektrischer Zusatzverdichter im Drehzahlkeller werkt, der endgültig das Loch vergessen lässt. Weiters Weltpremiere feiert in dieser Maschine der integrierte Starter-Generator auf 48-Volt-Basis, und dieses Bordnetz debütiert somit ebenfalls in der S-Klasse. Wem das alles zu wenig zukunftsträchtig scheint – wohl gegen Jahresende folgt ein Plug-in-Hybrid. Mit 50 km elektrischer Reichweite. (Andreas Stockinger, 25.7.2017)

Foto: Daimler