März 2015, Finanzminister Hans Jörg Schelling, ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, Kanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (von links nach rechts) präsentieren den Kompromiss beim Wohnbaupaket.

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Bis heute gibt es allerdings noch immer keine Projekte, die von der damals vereinbarten Wohnbauinvestitionsbank finanziert wurden.

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Wien/Brüssel – Als das Projekt das erste Mal von Rot und Schwarz außer Streit gestellt wurde, war Werner Faymann noch unumstrittener SPÖ-Chef. Die beiden Regierungsparteien trafen sich im März 2015 in Krems zu einer Klausur, um ein umfassendes Wohnbaupaket zu verabschieden.

Die Idee: Eine neue Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) sollte dank staatlicher Haftungen günstige Kredite bei der Europäischen Investitionsbank aufnehmen und so den Bau von 30.000 zusätzlichen Wohnungen finanzieren.

Wirtschaft ankurbeln

Angesichts der schwachen Wachstumsraten war das Ganze damals als Konjunkturpaket gedacht, das rasch wirken sollte: "Damit wollen wir für den Wohnbau eine zusätzliche Ankurbelung zustande bringen", sagte Kanzler Faymann. Im Dezember desselben Jahres passierte das entsprechende Gesetz das Parlament.

Nun, mehr als zwei Jahre nach der Kremser Klausur, boomt die Wirtschaft zwar wieder, von der WBIB wurde aber noch immer kein einziges Projekt realisiert. Der Weg von der Idee zur operativ tätigen Bank gestaltet sich äußerst zäh.

Zunächst konnten sich die Banken lange nicht einigen, in welchem Verhältnis sie sich am neuen Institut beteiligen sollten. Größter Einzelaktionär wurde schließlich die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (35,7 Prozent), gefolgt von der S-Wohnbaubank (27,5 Prozent), der Raiffeisen Bausparkasse (26 Prozent) und der Hypo-Wohnbaubank (zehn Prozent). Die Bawag ist nur minimal beteiligt (0,83 Prozent).

EU leitete Prüfung ein

Nach erteilter Bankkonzession durch die Finanzmarktaufsicht hätte es dann spätestens Anfang 2017 losgehen sollen. Daraus wurde aber wieder nichts. Die EU-Kommission leitete nämlich Ende 2016 ein beihilfenrechtliches Verfahren ein. Sie will also erst prüfen, ob die staatliche Haftung für die WBIB – immerhin geht es um bis zu 500 Millionen Euro – wettbewerbsrechtlich überhaupt zulässig ist.

Im Gegensatz zu europaweit für Diskussionen sorgenden Causen wie der deutschen Pkw-Maut, die binnen zwei Monaten durchgewinkt wurden, hat es die Kommission bei der österreichischen Wohnbauinvestitionsbank aber nicht wahnsinnig eilig. Das erste Halbjahr 2017 verging, ohne dass sich eine Entscheidung abgezeichnet hätte. Nachdem das Wirtschaftsministerium mehrfach insistiert hatte, kam nun am 10. Juli ein dreiseitiger Fragenkatalog der Wettbewerbshüter.

Erklärungsbedarf

Es geht unter anderem um den sozialen Wohnbau in Österreich und die Frage, zu welchen Konditionen Wohnbauprojekte derzeit finanziert werden können. Im Kern muss Österreich Brüssel also erklären, ob man nicht unzulässigerweise die Aktivitäten jener Banken, die nicht an der WBIB beteiligt sind, einschränkt.

Interessieren wird die Kommission wohl auch die in der Vorwoche veröffentlichte Studie von Deloitte, laut der Österreich beim Errichten von Wohnbau EU-weit bereits jetzt im Spitzenfeld liegt – ganz ohne WBIB-Haftung.

Sinn und Zweck unklar

Die Brüsseler Experten sind jedenfalls nicht die ersten, die wettbewerbsrechtliche Fragen stellen. In der Begutachtung des WBIB-Gesetzes deponierte, wie berichtet, auch das heimische Finanzministerium, dass "Sinn und Zweck" der Einrichtung der WBIB "nicht erkennbar" seien. Schließlich werde der geplante Geschäftszweck der Bank auch von den bestehenden Wohnbaubanken abgedeckt.

Mit den bestehenden Strukturen war allerdings die Bundesregierung damals unzufrieden – auch aus machtpolitischen Erwägungen. Über die WBIB-Projekte wollte man mehr Mitsprache beim geförderten Wohnbau, für den ansonsten ausschließlich die Länder zuständig sind. Den Förderrichtlinien der WBIB müssen daher Wirtschafts- und Finanzministerium zustimmen, in einem beratenden Beirat sitzen zusätzlich Vertreter von Kanzleramt und Sozialministerium.

"Vertrotteltes" Gesetz

Bei den Ländern sorgte das nicht nur für Freude. Der heutige Innenminister Wolfgang Sobotka, der 2015 noch Wohnbaulandesrat in Niederösterreich war, zeigte sich von den Steuerungswünschen des Bundes irritiert und bezeichnete das Gesetz damals sogar als "vertrottelt".

Bis die Wohnbauinvestitionsbank tatsächlich Bauvorhaben finanzieren wird, werden jedenfalls noch mindestens ein paar weitere Monate vergehen. Bis Anfang August will das Wirtschaftsressort die Fragen Brüssels beantwortet haben. Man sei optimistisch, dass es dann zügig eine Entscheidung gebe, meint ein Sprecher. Sollte Brüssel Nein sagen, müsste man aber wieder zurück an den Start. (Günther Oswald, 26.7.2017)