Die nackte Steirerin soll auch für Hagens Körperwelten werben. Allerdings ohne Scham.

Foto: Körperwelten

Graz – "Miss Steiermark" ist nackt und ihr Mienenspiel endenwollend lebendig. Dafür erfährt man auf einer Schautafel, wie ausgewählte Körperteile von ihr – angeblich – auf Steirisch heißen. "Gouscherl" etwa ihr Mund, "Womperl" ihr Bauch und "Tuttln" ihre Brüste. Das Herz ist ihr quasi in die Hose gerutscht – hätte sie eine an.

"Schamlos"

Denn dort, wo man bei Frauen gemeinhin die Vagina findet, prangt ein grünes Herz mit der Aufschrift "Steiermark, das grüne Herz Österreichs". Wie die Frauengestalt in der Presseaussendung "Highlights des Genuss- und Kultursommers 2017 in Graz" landete, ist nicht zwingend nachvollziehbar. Eine deutsche Eventagentur, die die Ausstellung "Körperwelten" von Gunther von Hagens betreut, die derzeit im Grazer Messezentrum zu sehen ist, hat die Aussendung verschickt. In ihr findet man unter anderem die Termine des renommierten Klassikfestivals Styriarte oder des internationalen Figuren- und Straßentheaterfestivals La Strada.

Zusammengestellt hat die Termine Graz-Tourismus, Miss Steiermark sei aber eine Idee der deutschen Agentur. Bei dieser weist man darauf hin, dass man zudem "einfach einen etwas anderen Zugang zum Thema Körper schaffen" wollte. Als die Schau in Stuttgart gastierte, hatte man etwa ein ähnliches Sujet auf Schwäbisch. Dort gab es eine "Miss Schwaben". Diese hat allerdings ein "Bixle", wo die Steirerin das herzförmige Feigenblatt trägt.

"Tut linguistisch weh"

Man habe in der Sache mit dem Chef von Graz-Tourismus, Dieter Hardt-Stremayr, Kontakt gehabt, sagt Agenturmitarbeiterin Elena Zinner dem STANDARD. Den Kontakt bestätigt man bei Graz-Tourismus. "Wir wussten aber nicht, dass das an die Presse geht", sagt eine Mitarbeiterin von Hardt-Stremayr.

Aber ist das auf der Schautafel überhaupt Steirisch? "Na ja, linguistisch tut mir das ein bissl weh", meint der Dialektexperte Ralf Vollman vom Institut für Germanistik der Uni Graz auf Nachfrage des STANDARD. Weder sei die Orthografie systematisch, noch existiere überhaupt ein steirischer Dialekt. Im Süden des Bundeslands spreche man Südbairisch, in der Obersteiermark Mittelbairisch, das auf dem Vormarsch ist.

"Wampn nur bei Männern"

Das "Womperl" kenne Vollmann jedenfalls "als Wampn – und nur bei Männern". Wie der Bauch der Steirerin heiße? "Das habe ich noch nie gesagt", meint der Wissenschafter. Beim "Nobl" wäre es "sinnvoll gewesen, die Vokallänge zu markieren", und über den "Oellbogn" könnte der Linguist eigene Abhandlungen schreiben, wird er doch im Süden mit l, im Norden aber ohne l gesprochen. Ganz allgemein gebe es in Österreich bei regionalen Dialekten selten ein eigenes Vokabular, vielmehr phonologische und grammatikalische Unterschiede. "Aber auch die dünnen sich immer mehr aus", so Vollmann.

Ob die Steirer und Steirerinnen tatsächlich stets mit Glupschern und Gouscherln durchs Leben gehen? "Man hätte auch das häufiger verwendete Augn und Mund schreiben können", sagt Vollmann, der aber weiß: "Bei solchen Versuchen, den eigenen Dialekt darzustellen, suchen Menschen eben immer eher nach exotischeren Begriffen." (Colette M. Schmidt, 25.7.2017)