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Experiment gelungen: Griechenlands Premier Alexis Tsipras wagte den Gang seines Landes an den Kapitalmarkt. Statt über die EZB soll sich Griechenland künftig wieder mit Staatsanleihen finanzieren.

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Der Regierungschef war sich völlig sicher: "Heute hat Griechenland einen weiteren entscheidenden Schritt getan, um aus der Krise herauszukommen", sagte er. "Das Vertrauen in unser Land wurde durch den objektivsten Richter bestätigt – die Märkte." Ein Jahr später war Antonis Samaras allerdings schon nicht mehr Premier und der erste Gang an den Kapitalmarkt seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise Geschichte. Jetzt versuchte es Athen wieder. Dieses Mal war es Alexis Tsipras, der triumphierte. Er sprach am Dienstag von der "wichtigsten Botschaft und dem entscheidendsten Schritt, das unerfreuliche Abenteuer des Spar-Memorandums zu beenden".

Die Platzierung einer fünfjährigen Staatsanleihe begann unter guten Vorzeichen und verbesserte sich noch im Lauf des Tages. Aus dem anvisierten Zinssatz von 4,875 Prozent wurden aufgrund der Nachfrage am Ende 4,625 Prozent. Athen lukrierte mit der Anleihe drei Milliarden Euro nach Angaben einer der Großbanken, die mit der Auktion beauftragt worden war – weniger, als sich die griechische Regierung erhoffte. Diese gab dazu noch die vorzeitige Ablösung eines Fünfjahresbonds bekannt, der 2019 ablaufen sollte. Anlegern bot sie einen Rückkauf mit 102,6 Prozent des Nominalwerts an.

Günstiger Zeitpunkt

Der Zeitpunkt schien günstig gewählt: Griechenlands Versuch, erstmals wieder Geld vom internationalen Finanzmarkt zu leihen, schlug sich positiv bei den Risikoaufschlägen für Staatsanleihen des Landes nieder. Sie waren am Dienstag mit 3,29 Prozent nahe dem tiefsten Punkt seit Beginn der Krise vor sieben Jahren.

Die Rückkehr an den Kapitalmarkt laufe heute unter anderen Bedingungen ab als 2014, so argumentiert die Regierung des Linkspolitikers Tsipras: Sie hat eine Einigung mit den Kreditgebern des Landes erreicht; Tsipras' Vorgänger Antonis Samaras war damit gescheitert. Dem konservativen Premier gelang es im Herbst 2014 nicht, eine Überprüfung der Finanzplanung mit den Geldgebern von EU, EZB und IWF abzuschließen. Samaras wurde Anfang 2015 abgewählt. Weder der Markt noch die Wähler hatten länger Vertrauen in diese Regierung, so argumentiert Athen. Die erste Staatsanleihe der Links-rechts-Koalition von Tsipras werde deshalb keine Eintagsfliege sein. Mit der Platzierung hatte die Regierung gewartet, bis der IWF vergangene Woche nach zwei Jahre dauerndem Zögern seine Zusage für eine prinzipielle Beteiligung am laufenden Kreditprogramm für Griechenland bekanntgab. Dieses endet im August 2018.

Linke Weggefährten

Für den einstigen Sparkursgegner Tispras ist der erfolgreiche Gang an den Finanzmarkt eine wichtige Wegmarke. Dass sich die politischen Untoten seiner ersten Regierungsmonate nun wieder zu Wort melden, ist deshalb kein Zufall: Der linksgerichtete Ex-Minister für Wiederaufbau, Energie und Umwelt, Panagiotis Lafazanis – seinerzeit ein politisches Schwergewicht in der Regierung -, enthüllte dieser Tage, dass er während seiner Ministerzeit in Moskau einen Milliardenkredit sicherte für den Fall, dass Griechenlands Kreditgeber aus der EU abgesprungen wären.

Auch Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis nutzte die Tage vor der sich abzeichnenden ersten Staatsanleihe, um sich bei den Griechen wieder in Erinnerung zu rufen. Zeitungen druckten am vergangenen Wochenende Auszüge seiner Minister-Memoiren Adults in the Room ab; sie erscheinen im September auch in griechischer Sprache, veranlassten die Opposition aber jetzt schon, wieder nach einem Untersuchungsausschuss wegen Varoufakis' geheimer Pläne zur Einführung eine Parallelwährung zu rufen. Tsipras räumte in einem Interview mit der britischen Zeitung Guardian erstmals "große Fehler" in seiner Amtszeit ein. Varoufakis' Ernennung sei aber zumindest zu Beginn für den "Kollisionskurs" mit den Gläubigern richtig gewesen. (Markus Bernath aus Athen, 25.7.2017)