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Małgorzata Gersdorf.

Foto: AP Photo/Alik Keplicz)

Diese Art der Aufmerksamkeit war sie bisher wohl nicht gewohnt: Małgorzata Gersdorf, die Vorsitzende des Obersten Gerichts in Warschau, stand in den vergangenen Tagen immer wieder in der Öffentlichkeit. Wochenlang kämpfte sie für die Unabhängigkeit der Gerichte und gegen die sogenannten Justizreformgesetze. Immer wieder erklärte sie, wie das Prinzip der Gewaltenteilung in Polens Verfassung verankert ist. Sogar im Sejm, dem polnischen Parlament. In Interviews sprach sie von "aggressiven Kampagnen" der Regierung gegen Richter. Diese würden nach Beschluss des Gesetzes "nur noch darauf warten, dass der Justizminister sie anruft", um Weisungen zu geben.

Doch zumindest auf die Politiker der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) machte sie damit kaum Eindruck. Denn bald nach ihrem Auftritt im Parlament stimmten sie geschlossen für das verfassungswidrige Gesetz, mit dem das bisherige Oberste Gericht abgeschafft, alle Richter und ein großer Teil der Mitarbeiter entlassen werden sollten – um sogleich ein neues Oberstes Gericht zu gründen, dessen Richter alle von der PiS ernannt würden.

Vielleicht hörte sich aber Polens Präsident Andrzej Duda die Rede an. Jedenfalls verkündete er am Montag sein Veto gegen zwei der insgesamt drei PiS-Gesetze zur Justizreform Polens.

Erst vor drei Jahren wurde die 64-Jährige zur Vorsitzenden des Obersten Gerichts in Polen ernannt. Dieses urteilt auch darüber, ob Wahlen und Referenden gültig sind. Die Jus-Professorin ist die erste Frau auf diesem Posten.

Auch politisch engagierte sie sich früh. 1980 war sie der Solidarność-Bewegung beigetreten. Ein Jahr später promovierte sie. Im Dezember dieses Jahres verhängte General Wojciech Jaruzelski das Kriegsrecht. Im Verhältnis zur PiS ließ sie später immer wieder Abgrenzung erkennen. Allerdings sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" jüngst auch, dass sie sich mit dem verstorbenen Bruder des aktuellen PiS-Chefs Jarosław Kaczyński, Expräsident Lech Kaczyński, immer gern unterhalten habe. Mit Jarosław gehe das nicht.

Gersdorf war als Expertin für Arbeitsrecht 2003 bis 2005 Mitglied im Rat für Gesetzgebung, in dem renommierte Juristen sitzen und die Regierung beraten. 2015 übernahm sie an der Fakultät für Recht und Verwaltung der Uni Warschau einen Lehrstuhl.

Sie ist mit dem Ex-Verfassungsrichter Bohdan Zdziennicki verheiratet. (Gabriele Lesser, 25.7.2017)