Kandahar – Die Serie von tödlichen Angriffen der Taliban in Afghanistan reißt nicht ab. In der Nacht auf Mittwoch attackierten die islamistischen Rebellen einen Armeestützpunkt in der südlichen Provinz Kandahar und töteten nach Regierungsangaben in stundenlangen Kämpfen mindestens 26 Soldaten. Das Militär leistete Widerstand und tötete laut Verteidigungsministerium mehr als 80 Aufständische.

Die mehrstündigen Gefechte ereigneten sich in der Nacht auf Mittwoch auf dem abgelegenen Stützpunkt Karzali im Bezirk Khakres. Dieser liegt an der Grenze zur Unruheprovinz Helmand, einer Hochburg der Taliban. Auch in der für Mohnanbau und Opiumproduktion bekannten Provinz Kandahar an der Grenze zu Pakistan haben die Talibankämpfer eine starke Präsenz.

Kampfflugzeuge der Regierung unterstützten die Soldaten am Boden aus der Luft. Ein Anrainer sagte der Nachrichtenagentur AFP, "hunderte Taliban" seien mit einem Konvoi von rund 30 Fahrzeugen zu dem Stützpunkt vorgedrungen und hätten diesen von mehreren Seiten angegriffen.

Taliban bekennen sich

Zwölf Soldaten wurden nach dem Großangriff einem ranghohen Militär zufolge noch vermisst. Die Taliban nahmen demnach auf ihrem Rückzug Waffen und Fahrzeuge der Armee mit.

Der Luftwaffenkommandeur der Provinz Kandahar, General Raik Shirsai, sagte, Armeehubschrauber hätten verwundete Soldaten in Provinzkrankenhäuser gebracht. Aus einem der Krankenhäuser verlautete, mehr als 25 verletzte Soldaten seien eingeliefert worden.

Die Taliban bekannten sich im Kurzbotschaftendienst Twitter zu dem Angriff. Sie hatten zuletzt wieder vermehrt Attacken und Anschläge gegen Polizei und Armee verübt. Erst am Montag töteten sie in der Hauptstadt Kabul bei einem Attentat mit einer Autobombe 26 Menschen.

Der US-Behörde für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar) zufolge stieg die Zahl der getöteten Sicherheitskräfte im vergangenen 2016 um 35 Prozent an. Demnach wurden 6.800 Soldaten und Polizisten getötet.

Im April dieses Jahres töteten die Taliban bei einem ihrer schwersten Angriffe bis zu 200 Soldaten auf einem Armeestützpunkt nahe Mazar-i-Sharif im Norden Afghanistans.

Laut Sigar kontrolliert die Regierung derzeit knapp 60 Prozent des Staatsgebiets, bei den Taliban sind es demnach gut elf Prozent.

Im vergangenen Monat gab die NATO-Militärallianz die Aufstockung ihrer Truppen in Afghanistan um mehrere tausend Soldaten bekannt. Ziel ist es nach Angaben von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die Taliban an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Die NATO hatte ihren Kampfeinsatz in Afghanistan mit zeitweise mehr als 130.000 Soldaten im Dezember 2014 beendet. Die Obergrenze für den derzeitigen Einsatz zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte liegt bei 13.576 NATO-Soldaten.

Größter Truppensteller sind die USA, gefolgt von Italien und Deutschland. Die USA sind derzeit mit 7.000 Soldaten an dem Einsatz "Resolute Support" beteiligt.

Pentagon-Chef Jim Mattis will die neue Afghanistan-Strategie der Vereinigten Staaten demnächst US-Präsident Donald Trump vorstellen. US-Generäle sagen, in dem Land am Hindukusch lasse sich bestenfalls von einer Pattsituation sprechen. (APA, 26.7.2017)