Viel Inhalt auf wenig Raum: Das HdGÖ entsteht als Provisorium.

BWM Architekten

Flexible "Themencluster" und multimediale "Ver-Handlungsorte".

BWM Architekten

Inhaltlich setzt man auf die Bereiche Demokratieentwicklung, gesellschaftliche Transformation und Identitätsfragen.

BWM Architekten

Wien – Geschichte wird gemacht. Dieser Satz fiel gleich mehrfach bei der Präsentation des Konzepts für die Ausstellungsarchitektur des neu entstehenden Hauses der Geschichte Österreich (HdGÖ) in der Neuen Burg. Das Projekt, über dem gut dreißig Jahre lang gebrütet wurde, setzt damit tatsächlich zum Endspurt an. Ziel ist die Eröffnung am 12. November 2018, dem 100. Jahrestag der Ausrufung der Ersten Republik. Dieser Zeitabschnitt markiert zugleich auch die inhaltliche Ausrichtung des Hauses: 100 Jahre Demokratiegeschichte mit all ihren Brüchen.

Bei einer europaweiten Ausschreibung für die Ausstellungsgestaltung konnte sich das Wiener Büro BWM Architekten gegen 13 Mitbewerber aus vier Ländern durchsetzen. Juryvorsitzende war die renommierte Architektin Elke Delugan-Meissl. BWM sind in der Museumsszene hinlänglich bekannt, vor allem auch, was die beim HdGÖ gefragte Verbindung von Modernem mit historischer Bausubstanz betrifft.

Als gelungenes Beispiel in ihrer Liste findet sich das 2015 eröffnete Literaturmuseum, das – wie das HdGÖ – ebenfalls zur Nationalbibliothek (ÖNB) gehört. Im sogenannten Grillparzerhaus mussten die Architekten die Schaustücke in denkmalgeschützten, hölzernen Archivstellagen unterbringen. In der Neuen Burg wolle man mit der psychologisch eindringlichen, wuchtigen K.-u.-k.-Architektur sehr bewusst umgehen, so Projektleiter Johann Moser von BWM, der als Politologe auch inhaltliches Rüstzeug mitbringt.

Herzstück: 60 Meter langer Korridor

Über den Haupteingang, den man sich mit der ÖNB und Einrichtungen des Kunsthistorischen Museums teilt, soll ein lichtgestütztes Leitsystem über die Prunkstiegen in die Ausstellungsräume führen. Dort bleibt aufgrund des provisorischen Charakters (ein zukünftiger Neubau ist weiter angedacht) nicht viel Platz: Herzstück wird ein 60 Meter langer Korridor sein, auf dem 100 Jahre Geschichte in thematischen und flexibel veränderbaren "Clustern" in Form eines Stationenbetriebs erzählt werden können. Museum auch als "Workshop" oder "Ver-Handlungsort", wie Monika Sommer-Sieghart, seit Februar Direktorin des HdGÖ, stets betont.

Als inhaltliche Schwerpunkte nannte Sommer Demokratieentwicklung und Zeit des Faschismus, gesellschaftliche Transformation (zum Beispiel durch Migration) und Aspekte der österreichischen Identität, die man etwa anhand der Debatte um die Bundeshymne darstellen könne. Jener "Balkon" (in der Fachsprache Altan), auf dem Hitler 1938 den "Anschluss" an das Deutsche Reich verkündete, soll spätestens ab 12. März 2018, genau 80 Jahre nach Hitlers Rede, mit künstlerischen Interventionen bespielt werden.

Kostenpunkt: insgesamt 8,3 Millionen Euro (5,8 für Sanierung und 2,5 für Einrichtung). Dass das Projekt noch an der kommenden Nationalratswahl scheitern könnte, glaubt man nicht. Es sei ja bereits viel Zeit und Steuergeld investiert worden, so ÖNB-Chefin Johanna Rachinger. Teile der Ausstellung seien übrigens mobil. Dem Umzug in einen Neubau stünde also auch nichts im Wege. (Stefan Weiss, 26.7.2017)