Israelische Lastwagen transportierten in der Nacht auf Donnerstag die letzten Sperrgeländer vom Tempelberg ab – unter den Augen jubelnder Palästinenser.

Fotot: AFP/Ahmad Dharabli

Die Krise um den Tempelberg in Jerusalem war am Donnerstag beendet, nachdem Israel in der Nacht zuvor letzte Vorrichtungen entfernt hatte, die als Reaktion auf einen tödlichen Anschlag von Palästinensern auf israelische Polizisten aufgebaut worden waren.

Israelische Medien sahen darin eine zusätzliche "Beruhigungspille für die Palästinenser". Und sie wirkte: Noch in der Nacht tanzten und sangen junge Palästinenser bei der Zufahrtsstraße zum Löwentor, wo fast zwei Wochen lang muslimische Massen täglich das Abendgebet verrichtet hatten, auf das regelmäßig Ausschreitungen folgten. "Nach einer ausführlichen Diskussion und nach dem Erreichen des Sieges in dieser Runde" rief dann die muslimische Führung die Gläubigen auf, wieder in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg zu beten.

Zuvor waren die Palästinenser dem Tempelberg demonstrativ ferngeblieben, weil sie keine Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen wollten und die vollständige Rückkehr zu dem Status forderten, der vor dem Anschlag am 14. Juli gegeben war.

"Alle errichteten Hindernisse entfernt"

Schon einen Tag zuvor hatte es so ausgesehen, als wäre die Lage entschärft, nachdem die Israelis in der Nacht auf Mittwoch jene Metalldetektoren weggebracht hatten, die den Zorn der Palästinenser auf sich zogen. Doch den Palästinensern reichte das nicht.

"Wir lehnen alle Behinderungen der Religionsfreiheit ab", sagte etwa Palästinenserpremier Rami Hamdalla, "wir verlangen die Rückkehr zum Stand vom 14. Juli." Die Israelis hatten zwar offenbar auch alle Überwachungskameras, die nach dem Anschlag installiert worden waren, wieder abgeschraubt, aber stehengeblieben waren noch Geländer, die die Massen zu den Metalldetektoren leiten sollten, sowie Trägergerüste für Kameras.

Erst als auch diese Konstruktionen abgebaut waren, gab Abdel-Asim Salhab, Leiter der für islamische heilige Stätten zuständigen Waqf-Stiftung, grünes Licht: "Der technische Bericht hat gezeigt, dass alle von der Besatzung außerhalb der Al-Aksa-Moschee errichteten Hindernisse entfernt wurden."

Unterrichtsminister Naftali Bennett vom rechten Flügel der israelischen Regierungskoalition kritisierte Premier Benjamin Netanjahu für den "Rückzieher": "Israel geht aus dieser Krise zu meinem Bedauern geschwächt hervor. Statt unsere Souveränität über Jerusalem zu stärken, ist die Botschaft ausgesandt worden, dass man diese Souveränität untergraben kann."

Handel mit König Abdullah

Die Kehrtwende war anscheinend mit einem dramatischen Zwischenfall in Amman verknüpft, wo am Sonntag ein Sicherheitswächter der israelischen Botschaft vermutlich in Notwehr zwei Jordanier erschossen hatte. Um das Botschaftspersonal in Sicherheit zu bringen, soll Netanjahu dem jordanischen König Abdullah die Lösung der "Metalldetektorfrage" versprochen haben.

Zugleich mit der Entscheidung über den Abbau der Metalldetektoren hatte Israels Sicherheitskabinett angekündigt, man werde stattdessen "auf fortgeschrittenen Technologien basierende Sicherheitsmaßnahmen" einsetzen und dafür ein Budget von umgerechnet 25 Millionen Euro bereitstellen. Gemeint ist damit offenbar ein Kamerasystem, das etwa Gesichter, verdächtige Kleidung und ungewöhnliche Bewegungen von Menschen und Fahrzeugen erkennen kann. Die Installierung würde allerdings Monate dauern. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 27.7.2017)