Zentraler Moment im Märchen "Schneewittchen und die sieben Zwerge" der Brüder Grimm: Das Theater Anna Rampe & Theater Zitadelle, beide beheimatet in Berlin, zeigen die Geschichte aus ungewöhnlichen Blickwinkeln.

Foto: Theater Zitadelle

Graz – Zu glauben, Theater sei grundsätzlich etwas für klimatisierte, mit Plüschbestuhlung ausgerüstete Gebäude, ist ein Trugschluss verzärtelter Kulturrezipienten. Schon das Publikum der antiken Polis kannte nichts anderes als das Himmelsdach. Theater war und ist bis heute auch ein Freiluftereignis – in hiesigen Breiten vor allem in den Sommermonaten.

Das Festival La Strada trägt dieser alten Tradition alljährlich in Graz Rechnung und zeigt vom 28. Juli bis 5. August im gesamten Stadtraum (und darüber hinaus in Stainz, Weiz und Leibnitz) Straßen- und Figurentheater, Zirkusdarbietungen, Tanz und Installationen. Von 140 Vorstellungen finden 114 bei freiem Eintritt statt.

Akrobaten nach der Apokalypse

Zum Beginn darf es das Publikum noch bequem haben (im Unterschied zu den Künstlern): Die kanadische Compagnie Machine de Cirque eröffnet mit der gleichnamigen Produktion das Festival in der Oper Graz. Fünf Akrobaten nehmen sich dort fünfzehn Jahre nach der Apokalypse eines ungewöhnlichen und maschinell unterstützten Neuanfangs an (empfohlen ab fünf Jahren).

Im Zelt im Augarten zeigt das finnisch-französische Paar Kati Pikkarainen und Victor Cathala (Cirque Aital) in Pour le mailleur et pour le pire (In guten wie in schlechten Zeiten), wie es sich in der Luft miteinander versteht. Und in Sol Bémol (Kunsthaus Weiz, Hauptplatz Graz) wird eine Gruppe unschuldiger Klaviere auf ihre Robustheit getestet. Sie werden nicht nur zeitgleich gespielt, sondern auch von Artisten betanzt.

Offene EU-Zentrale

Das österreichisch-katalanische Künstlerkollektiv Eléctrico 28 lädt zu einem Spaziergang mit Stefan Zweig im Ohr. Der französische Audiokünstler Décor Sonore verschafft in The Kaleidophones neue akustische Erfahrungen.

Die Compagnie Willi Dorner hinterfragt Formationstänze der 1920er-Jahre und ihre militärischen wie kapitalistischen Einschreibungen. Diskurs ermöglicht das Kunstlabor Graz mit dem kosovarischen Teatri Oda am Jakominiplatz, wo allen Bürgerinnen und Bürgern eine EU-Zentrale offensteht: Hin & Her. Hüben wie drüben, so der Titel. (Margarete Affenzeller, 27.7.2017)