Risikofaktoren für eine sogenannte Leisure Sickness sind eine hohe Arbeitsbelastung sowie bestimmte persönliche Eigenschaften – eine überdurchschnittlich hohe Leistungsbereitschaft, ein hohes Verantwortungsgefühl.

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Endlich Auszeit – und so mancher erkrankt an Schnupfen, Husten oder liegt im schlechtesten Fall sogar mit Fieber im Bett. Leisure Sickness nennt es sich, wenn man ausgerechnet in der Freizeit krank wird. Eine medizinische Definition für die Urlaubskrankheit gebe es derzeit zwar noch nicht, aber "dass das Phänomen existiert, ist unstrittig", sagt Tourismusforscherin Claudia Möller in einem Interview auf "Spiegel online". Die Professorin an der Internationalen Hochschule Bad Honnef hat für eine Studie 2.000 Frauen und Männer befragt und herausgefunden: Mehr als jede beziehungsweise jeder Fünfte ist betroffen.

Frauen berichteten etwas häufiger von Leisure Sickness als Männer. "Generell hatten wir erwartet, dass besonders das mittlere Management betroffen ist, also zum Beispiel Arbeitnehmer, die relativ neu Führungsverantwortung haben", sagt Möller. Es seien allerdings keine signifikanten Unterschiede feststellbar gewesen. "Das hat uns überrascht. Das Thema betrifft Berufstätige quer durch alle Hierarchieebenen."

Risikofaktor Arbeitsbelastung

Verantwortlich für Leisture Sickness machen Experten einerseits eine hohe Arbeitsbelastung: Anfällig seien besonders Menschen, die bei der Arbeit unter Stress stehen. Indem sie versuchen durchzuhalten, brauchten sie alle Reserven auf. "Die Leute machen sich, wenn sie entspannen, gewissermaßen frei für Krankheiten", erklärt der deutsche Psychologe Roland Raible. Denn fällt die Belastung weg, müsse sich der Organismus nicht mehr anstrengen – der Körper ist dann schwächer und schafft es mitunter nicht mehr, etwaigen Krankheiten standzuhalten. Niederschlagen kann sich Leisure Sickness auch in Form einer psychischen Erschöpfung.

Persönlichkeitseigenschafen spielen angeblich ebenfalls eine Rolle dafür, wie anfällig jemand ist. Wissenschafter aus den Niederlanden nennen etwa eine hohe Leistungsbereitschaft, ein hohes Verantwortungsbewusstsein als Risikofaktoren. Außerdem gefährlich: im Urlaub und am Wochenende nicht abschalten zu können. "Viele schauen auch in ihrer Freizeit dauernd auf das Smartphone und lesen berufliche Mails", sagt Tourismusexpertin Möller. Das bestätigen Umfrageergebnisse, wonach 43 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer außerhalb der regulären Arbeitszeiten erreichbar sind.

Zeit zum Nichtstun einplanen

Gefragt, wie man sich schützen kann, sagt die Professorin daher: Abgrenzung und "die ständige Erreichbarkeit einzuschränken, ist sicher der wichtigste Schritt". Weitere Empfehlungen für eine möglichst erholsame Zeit ohne Krankheiten und Urlaubs-Burnout sind: mindestens zwei Wochen Zeit nehmen, weniger Ehrgeiz bei der Wahl des Urlaubsziels und genügend Zeit zum Nichtstun einplanen.

Auch vor dem Urlaub sollte man bereits versuchen, zur Ruhe zu kommen, sich nicht zur letzten Minute auszupowern, sagt Möller. Psychologe Raible rät konkret dazu, regelmäßig Pausen bei der Arbeit einzulegen und nicht stundenlang durchzuarbeiten.

Aber nicht nur der Einzelne müsse Grenzen zu setzen – auch Chefs sollten verhindern, dass Mitarbeiter von Leisure Sickness betroffen sind, sagt Möller: "Eine bessere Feedback-Kultur wäre zum Beispiel sehr sinnvoll. Also nicht bis zum letzten Moment die Mitarbeiter ausquetschen, sondern vor der freien Zeit loben: 'Das haben Sie gut gemacht – aber jetzt ist es auch mal gut. Genießen Sie Ihr Wochenende!'" (lib, 28.7.2017)