Noch vor Wochen wollte Georgiens Ex-Präsident Michail Saakaschwili seine ukrainische Partei bewerben – nun ist er nicht mehr Ukrainer.

Foto: APA / AFP / Sergei Supinsky

Metalldetektoren und Straßensperren im Stadtzentrum von Kiew: Ein Kreuzgang zum Andenken an die Taufe der Rus vor inzwischen über 1.000 Jahren hatte die Sicherheitsorgane am Donnerstag in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Die Behörden fürchteten Provokationen; schließlich toben seit Jahren Machtkämpfe um den rechten Glauben in der Ukraine zwischen Vertretern des Moskauer und des von den meisten orthodoxen Kirchen nicht als kanonisch anerkannten Kiewer Patriarchats. Am Ende blieb es friedlich. 6.000 Menschen zogen, mit Ikonen bewaffnet und von 3.500 Polizisten und Nationalgardisten bewacht, vom Wladimir-Denkmal über die Einkaufsmeile Kreschtschatik durch die Innenstadt.

Weniger Aufsehen erregten Anhänger des georgischen Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, die am Maidan eine verhaltene Demo abhielten. Rund 100 Aktivisten protestierten mit ukrainischen Flaggen gegen den Staatsbürgerschaftsentzug für den Politiker. Es gehe nicht um Saakaschwili. Der Protest gegen die Obrigkeit richte sich "gegen ihre Willkür, dagegen, dass sie uns allen zynisch ins Gesicht spucken und zeigen, dass unsere Rechte ihnen nichts wert sind", so die Organisatoren.

In Georgien gesucht

Saakaschwili war vor gut drei Jahren auf dem Maidan noch eine der treibenden Kräfte gewesen. Später hatte ihn Präsident Petro Poroschenko zum Gouverneur von Odessa bestellt und ihm dabei auch einen ukrainischen Pass ausgegeben. Dadurch verlor Saakaschwili automatisch seine georgischen Papiere. Große Trauer dürfte er damals nicht empfunden haben: In Tiflis wurde ihm damals ein Prozess wegen Amtsmissbrauchs während seiner Amtszeit als georgischer Präsident (2004–2013) gemacht. Die Behörden versuchten, ihn sogar international zur Fahndung auszuschreiben, Kiew lehnte eine Auslieferung allerdings ab.

Glücklich wurde Saakaschwili letztendlich aber auch mit den Maidan-Revolutionären nicht. Im vergangenen Herbst warf er seinen Posten hin und der Führung um Präsident Petro Poroschenko Korruption vor. Seither liefert sich der "Rosenrevolutionär" (so wird der Umsturz in Georgien bezeichnet, nach dem Saakaschwili an die Macht kam) einen Rosenkrieg mit Poroschenko. Der Passentzug – angeblich wegen falscher Angaben beim Erhalt – ist vorläufiger Höhepunkt.

Düstere Prophezeiungen

Saakaschwili kündigte schon an, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen. Poroschenko prophezeite er zudem seinen baldigen Sturz. Juristisch ist der Entzug umstritten, da Saakaschwili nun als staatenlos gilt. Politisch muss Poroschenko derzeit freilich kaum etwas befürchten. Zwar ist die Unzufriedenheit in der Ukraine wegen des rapide gesunkenen Lebensstandards allgemein hoch und auch die Umfragewerte Poroschenkos im Keller.

Allerdings ist die Konkurrenz nicht gerade angsteinflößend, auch wenn die 2016 aus russischer Haft freigekommene und inzwischen in der Rada sitzende Ex-Kampfpilotin Nadija Sawtschenko einmal mehr ihre Präsidentschaftsambitionen verkündete. Bezeichnend, dass mit Julia Timoschenko eine Politikerin aus vergangenen Zeiten noch die besten Aussichten hat, Poroschenko bei der Wahl 2018 zu schlagen. (André Ballin aus Moskau, 27.7.2017)