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Demonstranten in Caracas: Die Opposition will die Wahl am Sonntag boykottieren.

Foto: REUTERS/Ueslei Marcelino

Caracas – Wegen einer befürchteten Gewalteskalation hat die US-Regierung Familien von Diplomaten aufgefordert, Venezuela zu verlassen. Das teilte das US-Außenministerium am Donnerstagabend mit. Im Konflikt um eine Verfassungsreform will die Opposition am Freitag mit Massenprotesten im ganzen Land ein von der Regierung erlassenes Demonstrationsverbot ignorieren.

Das Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) rief zur "Einnahme von Venezuela" auf. Das seit 1999 von Sozialisten regierte Land mit den größten Ölreserven der Welt steht nach Jahren der Misswirtschaft am Rande des Ruins. Gewalt, Lebensmittel- und Medizinmangel prägen den Alltag.

Opposition fürchtet Diktatur

Mit fünf weiteren Todesopfern während eines 48-stündigen Generalstreiks ist die Zahl der Toten seit Ausbruch der Proteste vor 120 Tagen auf 108 gestiegen. Präsident Nicolás Maduro bot dem MUD einen Dialog an – Bedingung der Opposition sind aber sein Abschied von der Macht, eine Absage der Verfassungsreform und Neuwahlen. Beobachter rechnen mit einer Eskalation, wenn am Sonntag die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung stattfindet.

Durch die Bevorzugung von Vertretern der Arbeiterklasse wird mit einer Mehrheit für Sympathisanten Maduros gerechnet. Die Opposition befürchtet den Umbau zu einer Diktatur. Gewählt werden 545 Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung. Davon vertreten 364 jeden Kommunalbezirk – hierfür stehen 3.200 Kandidaten zur Wahl. Aufgestellt wurden viele Vertreter des Partido Socialista Unido de Venezuela, auch Maduros Ehefrau Cilia Flores. Dazu kommen 181 Personen aus Sektoren, die vorwiegend den Sozialisten nahestehen: Arbeiter, Studenten, Pensionisten und Bauern.

Zehn Fluggesellschaften stellten Verkehr ein

Mittlerweile haben zehn Fluggesellschaften den Flugverkehr nach Caracas eingestellt, Zehntausende Menschen sind geflüchtet. Maduro hat angekündigt, das von Hugo Chávez 1999 begonnene sozialistische Experiment notfalls mit Waffengewalt zu verteidigen, die Wahl sollen 232.000 Sicherheitskräfte schützen. Die Opposition will die Wahl boykottieren – in einem symbolischen Referendum haben sich zuletzt mehr als sieben Millionen Menschen gegen die Pläne ausgesprochen. (APA, 28.7.2017)